BGH zu Klage gegen Standard & Poor's: Deutsche Gerichte sind zuständig

17.01.2013

Geschädigte Anleger können internationale Ratingagenturen auch hierzulande verklagen. Dies geht aus einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss des BGH hervor.

Die Ratingagentur Standard & Poor's hatte die Bank Lehman Brothers relativ lange positiv eingeschätzt. Ein 63 Jahre alter Mann hatte sich auf diese Bewertungen verlassen und Zertifikate der Bank erworben. Diese sind seit der Insolvenz im September 2008 wertlos. Nun verlangt der Mann von der Ratingagentur 30.000 Euro Schadensersatz.

In dem Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt war allerdings schon streitig, ob deutsche Gerichte überhaupt zuständig sind. In einem abgetrennten Verfahren verneinte das Gericht diese Frage (Urt. v. 20.04.2011, Az. 2/13 O 111/10). Der Berufung des Anlegers gab das OLG Frankfurt statt und verwies das Verfahren zurück (Urt. v. 28.11.2011, 21 U 23/11). Gegen die Nichtzulassung der Revision hatte die Agentur Beschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) eingelegt.

Historische Auslegung: deutsche Gerichte zuständig

Karlsruhe gab der Nichtzulassungsbeschwerde zwar statt und verwies die Sache an das OLG zurück (Beschl. v. 13.12.2012, Az. III ZR 282/11), weil  das Berufungsgericht nicht über die Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit entschieden hatte. Die Frankfurter Richter hatten angenommen, das sich der Prozessvertreter der Agentur auf die Klage eingelassen hatte, ohne die Zuständigkeit des Gerichts zu rügen. Tatsächlich hatte dieser zuvor bereits gerügt, dass die Klage nicht einmal zugestellt worden sei.

Entscheidend sind jedoch die Ausführungen des Senats gegen Ende des Beschlusses: Darin legt der BGH dar, dass deutsche Gerichte örtlich zuständig sind. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 23 ZPO reiche zwar nicht aus, dass die Ratingagentur Vermögen im Inland habe. Es genüge aber, dass der Kläger seinen Wohnsitz in Deutschland habe.

Dies ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm von 1877. Gedacht sei sie nämlich als Auffangtatbestand für Inländer, die gegen Ausländer mit im Inland gelegenen Vermögen klagen wollten. Dementsprechend sei die Vorschrift auszulegen, habe bereits das Reichsgericht konstatiert.

Über die Schadensersatzforderung des Anlegers ist damit freilich noch nicht entschieden. In Australien sind die Gerichte da schon weiter: Kürzlich hatte ein Gericht Standard & Poor’s zu Schadensersatz in Höhe von 25 Millionen Euro verurteilt.

Auf internationaler Ebene nimmt zudem die Regulierung der Bewertungen durch Agenturen zu. Am Mittwoch verabschiedete das Europäische Parlament eine Verordnung zur besseren Überwachung und Haftung von Ratingagenturen.

blü/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BGH zu Klage gegen Standard & Poor's: . In: Legal Tribune Online, 17.01.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7990 (abgerufen am: 13.11.2024 )

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