Es bleibt bei einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung wegen Rechtsbeugung. Der BGH bestätigte die Verurteilung eines Amtsrichters, der mehrfach Verkehrssünder freigesprochen hatte, weil er sich über die Aktenführung der Straßenverkehrsbehörde ärgerte.
Das Landgericht (LG) Erfurt hat einen Amtsrichter wegen Rechtsbeugung in sieben Fällen zu einer Gesamtfreihheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt (Urt. v. 26.06.2015, Az. 101 Js 733/121 KLs). Zuvor hatte der Bundesgerichtshof (BGH) ein freisprechendes Urteil des LG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Die Revision des Amtsrichters gegen das neue Urteil hat der Zweite Strafsenat in einer jetzt bekannt gewordenen Entscheidung als unbegründet verworfen (Beschl. v. 24.02.2016, Az. 2 StR 533/15). Der Beschuldigte hatte geltend gemacht, keinen Vorsatz zur Rechtsbeugung gehabt zu haben und zur Tatzeit krankheitsbedingt schuldunfähig gewesen zu sein.
In einer Reihe von Bußgeldverfahren hatte der Amtsrichter mutmaßliche Verkehrssünder durch Beschluss freigesprochen, weil die Straßenverkehrsbehörde ihrer Akte weder ein Messprotokoll noch den Eichschein für das bei der Kontrolle verwendete Messgerät beifügte. Somit liege ein Verfahrensfehler im Verantwortungsbereich der Behörde vor, weswegen die Messergebnisse für das Bußgeldgericht nicht nachprüfbar und die Ordnungswidrigkeiten nicht beweisbar seien, begründete der Mann sein wiederholtes Vorgehen.
Das Oberlandesgericht (OLG) Thüringen hob mehrere dieser Entscheidungen wegen der Aufklärungspflicht des Amtsgerichts auf. Der verurteilte Richter zog die vermissten Unterlagen aber auch in der Zeit danach in weiteren Verfahren nicht bei, sondern sprach die Betroffenen wiederum frei oder stellte das Bußgeldverfahren ein.
Den Freispruch durch Beschluss wegen eines angeblichen Verfahrenshindernisses, das tatsächlich nicht bestand, bewertete das LG Erfurt im Einklang mit der BGH-Rechtsprechung als Rechtsbeugung. Der Amtsrichter habe mit der Möglichkeit der Unrichtigkeit seiner Entscheidungen gerechnet und diese billigend in Kauf genommen. Und das nur, um die Bußgeldbehörden zu disziplinieren, über deren Aktenführung er sich geärgerte hatte. Dabei sei er sich auch darüber im Klaren gewesen, wie elementar bedeutsam die Aufklärungspflicht des Bußgeldgerichts sei, die er verletzte, so der Senat.
ms/LTO-Redaktion
Freisprüche aus Frust über Straßenverkehrsbehörde: . In: Legal Tribune Online, 07.03.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18695 (abgerufen am: 09.10.2024 )
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