BGH zur Haftung im Urheberrecht: Such­ma­schinen werden pri­vi­le­giert

21.09.2017

Kommerzielle Betreiber einer Internetseite haften für Links, die zu rechtswidrig veröffentlichten Werken führen. Für Suchmaschinen gilt die widerlegliche Vermutung aber nicht, dafür seien sie für die das Internet zu bedeutsam, so der BGH.

Suchmaschinenbetreiber haften generell nicht für die Anzeige illegal ins Netz gestellter Inhalte. Etwas anderes gilt nur, wenn sie wissen oder wissen mussten, dass etwas rechtswidrig veröffentlicht worden ist. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag in Karlsruhe (Urt. v. 21.09.2017, Az.: I ZR 11/16). Das Urteil liegt auf einer Linie mit früheren Entscheidungen, die die Haftung von Suchmaschinenbetreibern bereits eingeschränkt hatten.

Geklagt hatte in diesem Fall das US-Unternehmen "Perfect 10", das online Erotikfotos anbietet. Es behauptete, dass Bilder aus einem kostenpflichtigen und passwortgeschützten Bereich seiner Website über die Google-Bildersuche auf anderen frei zugänglichen Internetseiten zu finden seien. Auf diesen Seiten seien die Fotos illegal hochgeladen worden. Die Nutzungsrechtsinhaberin sah sich durch die als Vorschaubilder angezeigten verkleinerten Fotografien in ihren Urheberrechten verletzt. Da AOL Deutschland auf die Google-Bildersuche zurückgriff, verlangte "Perfect 10" von AOL neben der Unterlassung und Auskunftserteilung auch Schadenersatz.

Vermutung für Urheberrechtsverletzung gilt nicht für Internetsuchdienste

Die in den Vorinstanzen erfolglos gebliebene Klage scheiterte jetzt auch im Revisionsverfahren vor dem BGH. Nach richtlinienkonformer Auslegung des § 15 Abs. 2 Urheberrechtsgesetz (UrhG) stelle das Setzen eines Links auf eine frei zugängliche Internetseite  - auf der urheberrechtlich geschützte Werke ohne Erlaubnis des Rechtsinhabers eingestellt sind - nur dann eine öffentliche Wiedergabe dar, wenn der Verlinkende die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung der Werke auf der anderen Internetseite kannte oder vernünftigerweise kennen konnte.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) bestehe zwar bei Links, die mit Gewinnerzielungsabsicht auf Internetseiten mit rechtswidrig eingestellten Werken gesetzt worden sind, eine entsprechende widerlegliche Vermutung. Diese Vermutung gelte wegen der besonderen Bedeutung von Internetsuchdiensten für die Funktionsfähigkeit des Internets jedoch nicht für Suchmaschinen und für Links, die zu einer Suchmaschine gesetzt werden, heißt es in dem Urteil der Karlsruher Richter.

BGH: Rechtmäßigkeitsüberprüfung kann nicht erwartet werden

Die Differenzierung begründet der BGH damit, dass von Anbietern einer Suchfunktion keine Überprüfung erwartet werden könne, ob die von der Suchmaschine in einem automatisierten Verfahren aufgefundenen Bilder rechtmäßig ins Internet eingestellt worden seien, bevor er sie auf seiner Internetseite als Vorschaubilder wiedergibt.

Bereits 2010 hatte der BGH entschieden, dass ein Künstler, der seine Bilder frei zugänglich ins Internet stellt, auch die Anzeige in der Google-Bildersuche dulden muss. Nach einem zweiten Urteil von 2011 gilt: Wer Dritten die Veröffentlichung seiner Bilder im Internet ohne Schutzvorkehrungen erlaubt, hat keine Ansprüche gegen die Suchmaschine, wenn diese auf Internetseiten verweist, auf denen die Bilder illegal veröffentlicht worden sind.

Seit Anfang Februar 2017 bietet Google eine neue Bildersuche an. Dabei werden nicht nur Vorschaubilder ("Thumbnails"), sondern die Bilder in der originalen Größe angezeigt. Bei Urhebern stößt die Neuerung auf heftigen Widerstand.

Die Frage nach einer Haftung der Suchmaschine wird das höchste Zivilgericht weiter beschäftigen. Im November verhandelt der VI. Zivilsenat über Ansprüche wegen der Anzeige von persönlichkeitsrechtsverletzenden Äußerungen in den Suchtreffern.

mgö/LTO-Redaktion

Mit Materialien der dpa

Zitiervorschlag

BGH zur Haftung im Urheberrecht: . In: Legal Tribune Online, 21.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24653 (abgerufen am: 12.11.2024 )

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