BGH verurteilt 'Stückelmörder' zu lebenslanger Freiheitsstrafe: Keine Rechts­fol­gen­lö­sung bei Ein­ver­ständnis

21.02.2018

Weil er einen Geschäftsmann zerstückelte, muss ein ehemaliger LKA-Beamter lebenslang ins Gefängnis. Auch ein Einverständnis kann die Höchststrafe des Kannibalen nicht abmildern, so der BGH.  

Nach einem Mordfall mit Kannibalismus-Hintergrund hat der Bundesgerichtshof (BGH) einen früheren Polizisten zu lebenslanger Haft verurteilt. Der 5. Strafsenat hob am Mittwoch in einem Revisionsverfahren die vorinstanzliche Entscheidung des Landgerichts (LG) Dresden auf. Die sächsischen Richter hatten den Beamten zwar auch wegen Mordes, aber aufgrund außergewöhnlicher Umstände lediglich zu acht Jahren und sieben Monate Freiheitsstrafe verurteilt  (Urt. v. 21.02.2017, Az. 5 StR 267/17).  

Die beiden Männer hatten sich in einem Forum über Kannibalismus im Internet kennen. Der 59-jährige Wojciech S. aus Hannover hatte die Fantasie, "geschlachtet" zu werden - der andere, , Detlev G., Polizeibeamter des Landeskriminalamtes (LKA), wollte zur Befriedigung seines Sexualtriebes eine Leiche zerstückeln. Im November 2013 trafen sie sich im Erzgebirge. Kurze Zeit später war der Geschäftsmann tot und seine Leiche zerstückelt im Garten des Polizisten verscharrt.

Die Zerstückelung der Leiche hatte der Kriminalbeamte von Anfang an zugegeben und auch gefilmt. Das gelöschte Video konnte rekonstruiert werden. Es setzt allerdings erst ein, als Wojciech S. scheinbar leblos in der Schlinge hängt. Es zeigt nicht, wie der Geschäftsmann zu Tode kam. Die 1. Kammer des LG Dresden kam in 21 Verhandlungstagen aber dennoch zu dem Ergebnis, dass Detlev G. den Hannoveraner Geschäftsmann getötet hat. Weil er dabei zur Befriedigung des Geschlechtstriebs handelte und die Störung der Totenruhe als andere Straftat ermöglichen wollte, stand am Ende das Mordurteil.

LG: Strafmilderung zwingend geboten

Dagegen legten sowohl Verteidigung als auch Staatsanwaltschaft Revision ein, weswegen der Fall bereits im Jahr 2016 zum ersten Mal beim 5. Strafsenat in Leipzig landete. Beide Rechtsmittel hatten damals Erfolg. Wie die Verteidigung zeigte sich auch der BGH nicht davon überzeugt, dass der Geschäftsmann sich nicht selbst getötet habe und kritisierte eine lückenhafte und teilweise widersprüchliche Beweiswürdigung.

Aber auch die von der Staatsanwaltschaft beanstandete Freiheitsstrafe über achteinhalb Jahren Haft wegen Mordes hielt der rechtlichen Beurteilung des 5. Strafsenats nicht stand. Das LG in Dresden hatte nämlich die sog. Rechtsfolgenlösung zugunsten des Ex-LKA-Beamten angewandt, um die zwingend lebenslange Freiheitsstrafe bei einer Verurteilung wegen Mordes wegen des Einverständnisses des Getöteten abzumildern.

Die Rechtsfolgenlösung ist ein Instrument, das die Rechtsprechung aufgrund der Struktur des Mordparagraphen entwickelt hat. § 211 StGB lässt es nicht zu, als Strafmaß eine andere als die lebenslange Freiheitsstrafe zu verhängen, wenn die Tatbestandsmerkmale des Mordes erfüllt sind – auch, wenn dies im Einzelfall als zu drastisch erscheint. Mehrfache Reformversuche sind bislang gescheitert. 

Im Dezember 2016 verlängerte eine anderes Schwurgericht in Dresden das Strafmaß dann, allerdings nur um einen Monat. Zwar kam auch die 5. Strafkammer zu dem Ergebnis, dass der Polizist den 59-Jährigen mit  dessen Einverständnis mittels eines zu einem sog. Henkersknoten geknüpften Seiles getötet hatte. Weil die Tötung aber dem unbedingten Wunsch des Geschäftsmanns entsprochen habe, sahen die Richtereine Strafmilderung als zwingend geboten an, um dem verminderten Schuldgehalt der Tat gerecht zu werden.

BGH: Einverständnis keine außergewöhnliche Notlage

Auch diese Entscheidung fand den Weg nach Leipzig, weswegen sich derselbe Strafsenat dort ein zweites Mal mit dem Fall befassen musste. Fehler in der Beweiswürdigung bemängelten die höchsten Strafrichter diesmal nicht. Aber das LG habe das Einverständnis des Getöteten zu Unrecht als außergewöhnlichen Umstand im Sinne der Rechtsfolgenlösung angesehen, so der Senat.

"Das Landgericht hat zu Unrecht davon abgesehen, den Mord mit einer lebenslangen Haftstrafe zu ahnden", betonte der Vorsitzende Norbert Mutzbauer. Der Täter habe sich nicht in einer außergewöhnlichen Notlage oder in einer notstandsähnlichen Bedrängnis befunden. Aber nur in solchen Fällen könne nach einem Mord ausnahmsweise von einer lebenslangen Haftstrafe abgesehen werden.

Da die Leipziger Richter - wie die Vorinstanzen - auch eine Tötung auf Verlangen ablehnten, bleibt de lege lata nur die Rechtsfolge, die der Gesetzgeber in § 211 Strafgesetzbuch (StGB) als zwingend normiert hat: lebenslange Freiheitsstrafe. Und die hat der Senat dann auch gleich selbst verhängt (eigene Sachentscheidung, § 354 Abs. 1 Strafprozessordnung). 

mgö/LTO-Redaktion

Mit Materialien der dpa

Zitiervorschlag

BGH verurteilt 'Stückelmörder' zu lebenslanger Freiheitsstrafe: Keine Rechtsfolgensung bei Einverständnis . In: Legal Tribune Online, 21.02.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/27151/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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