Bei einem Ausflug nach Hamburg kann der "Cirque du Soleil"-Besuch als Höhepunkt nicht durch eine mehrstündige Stadtrundfahrt ersetzt werden. In dem Fall ging es zwar nur um 320 Euro, aber auch eine grundsätzliche Entscheidung.
Wer eine "Fahrt ins Blaue" bucht, lässt dem Veranstalter bei der Reisegestaltung erst einmal freie Hand. Sobald dieser aber das Programm bekanntgibt, hat er sich insoweit durch Konkretisierung im Sinne von § 243 Abs. 2 BGB (Gattungsschuld) festgelegt. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden (Urt. v. 14.02.2023, Az. X ZR 18/22), wie nun bekannt wurde.
Der klagende Urlauber hatte über ein Reisebüro eine Busreise für elf Leute mit unbekanntem Ziel gebucht, die vom 13. bis 15. März 2020 stattfinden sollte. Die Tour, die als "Fahrt ins Blaue" beworben wurde, kostete inklusive Hotelübernachtungen insgesamt 2.138 Euro.
Bei der Abfahrt wurde das Reiseprogramm verteilt. Es ging vom Emsland aus nach Hamburg. Dort waren eine Museumsführung und eine große Hafenrundfahrt geplant. Als Höhepunkt wurde ein Musical-Besuch angekündigt. Doch am Nachmittag nach Beginn der Fahrt wurde der Gruppe mitgeteilt, dass letzterer Programmpunkt - also der Musical-Besuch "Cirque du Soleil", der den Höhepunkt der "Fahrt ins Blaue" darstellen sollte - wegen der Corona-Pandemie ausfallen müsse. Stattdessen wurde kurzfristig eine dreistündige Stadtrundfahrt organisiert.
Stadtrundfahrt nicht gleichwertig mit Besuch des Musicals "Cirque du Soleil"
Der klagende Urlauber wollte deshalb einen Teil des Reisepreises zurück - und bekam in letzter Instanz vor dem BGH nun Recht. Zuvor hatte das AG Lingen (Ems) die Klage abgewiesen, im Berufungsverfahren beim LG Osnabrück hatte der Kläger indes Erfolg. Dagegen wandte sich der Veranstalter im Revisionsverfahren beim BGH und unterlag nun.
Zwar habe dem Veranstalter an sich zwar ein Leistungsbestimmungsrecht gemäß § 315 Abs. 1 BGB zugestanden, entschied der X. Zivilsenat. Durch Aushändigung des Reiseprogramms sei der Leistungsinhalt aber unwiderruflich konkretisiert worden. Nichts habe darauf hingewiesen, dass das Programm vorläufigen Charakter habe und einzelne Punkte noch austauschbar gewesen wären.
Dem Urteil zufolge ist der Wegfall des Musical-Besuchs ein Reisemangel, der eine Minderung des Reisepreises rechtfertigt. Das LG Osnabrück habe im Berufungsverfahren zutreffend festgestellt, dass eine Stadtrundfahrt nicht gleichwertig mit einem Musical-Besuch sei, zumal der Besuch des Musicals "Cirque du Soleil" seitens des Veranstalters ausdrücklich als Höhepunkt der Reise bezeichnet worden war.
Das LG Osnabrück hatte den Veranstalter zur Rückzahlung von 320 Euro verurteilt, diese Entscheidung ist nun rechtskräftig.
dpa/jb/LTO-Redaktion
BGH zum Reisemangel bei einer "Fahrt ins Blaue": . In: Legal Tribune Online, 28.04.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51662 (abgerufen am: 10.10.2024 )
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