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BGH bejaht Bestechlichkeit: Poli­zei­in­spektor bot Mög­lich­keit zum "Hoch­schlafen" an

28.05.2020

Überwachungskamera vor einem Polizeipräsidium

(c) stock.adobe.com - Dagmar Breu

Ein Polizeistellenleiter, der einer Angestellten anbietet, ihre Karriere gegen "sexuelle Gunstgewährung" zu fördern, zeigt, dass er "käuflich" ist, so der BGH. Das könne schon ausreichen, um den Tatbestand der Bestechlichkeit zu erfüllen.

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Der Leiter einer Polizeiinspektion hatte einer Angestellten des Landeskriminalamtes angeboten, gegen "sexuelle Gunstgewährung", wie der Bundesgerichtshof (BGH) es formulierte, ihr Vorankommen auf der Karriereleiter zu fördern. Daraufhin hatte ihn das Landgericht Braunschweig wegen Bestechlichkeit zu einer Geldstrafe verurteilt. Seine Revision gegen dieses Urteil blieb nun ohne Erfolg (Beschl. v. 07.04.2020 Az. 6 StR 52/20). 

Die Angestellte des Landeskriminalamtes hatte den Dienstellenleiter im Rahmen eines Interviews getroffen. Bei dieser Gelegenheit hatte der Mann ihr Komplimente gemacht und auf eine Stelle hingewiesen, auf der er sich die Angestellte angeblich gut vorstellen könne. Direkt danach hatte er sie gefragt, ob sie sich auf diese Stelle "hochschlafen" bzw. generell "nach oben schlafen" wolle. 

Der Leiter der Polizeiinspektion war jedoch selbst gar nicht zuständig für die Einstellung von Beamten und Tarifangestellten, sondern lediglich das Bindeglied zur Polizeidirektion. Er war allerdings innerhalb seiner Dienststelle für personelle Anliegen, Vorschläge, Umsetzungen, Zweitbeurteilungen und die Besetzung befristeter Stellen zuständig. Der Dienststellenleiter hatte im Zuge der Revision entsprechend argumentiert, dass die konkrete Art der Förderung im Austausch für die sexuelle Gunstgewährung zu unbestimmt gewesen sei und daher der Tatbestand der Bestechlichkeit nicht erfüllt sein könne. Anders ausgedrückt: Weil nicht genau geklärt gewesen sei, welche Diensthandlung im Gegenzug für den Sex erfolgen sollte, könne es keine Bestechlichkeit sein.

BGH: Es reicht, wenn der Beamte sich als "käuflich" erweist

Der BGH hat unter Verweis auf seine gefestigte Rechtsprechung festgestellt, dass eine Diensthandlung jedenfalls dann vorliege, wenn das Handeln zu den dienstlichen Obliegenheiten gehört und in dienstlicher Eigenschaft wahrgenommen wird. Pflichtwidrig handle, wer "seine amtliche Stellung dazu missbraucht, eine durch die Dienstvorschriften verbotene Handlung vorzunehmen, die ihm gerade seine amtliche Stellung ermöglicht". Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, dass die Diensthandlung nicht genau bestimmt worden war, denn der Dienstellenleiter habe sich grundsätzlich als "käuflich" erwiesen. Seine Äußerungen hätten die Richtung, in die er tätig werden wollte, eindeutig vorgezeichnet. 

Es handle sich dabei auch nicht lediglich um eine Zuwendung für die allgemeine Geneigtheit des Polizisten, die zur Erfüllung des Tatbestands nicht ausgereicht hätte. Zudem habe die Aufnahme der Amtshandlung nicht im freien Belieben des Beamten gelegen, denn diese fiel in seinen Aufgabenbereich - und hier sei er an Recht und Gesetz gebunden, eine Diensthandlung liege damit vor.

Soweit der Mann sich also bereit gezeigt habe, sich bei seiner Ermessensausübung durch sexuelle Handlungen beeinflussen zu lassen, stelle diese einen Vorteil für die Diensthandlung dar. Dass nicht konkret benannt worden sei, worin die nach der sexuellen Gunstgewährung vorzunehmende Diensthandlung liegen sollte, sei deshalb unschädlich. Im Ergebnis hat der BGH die Revision damit als unbegründet verworfen. 

vbr/LTO-Redaktion 

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BGH bejaht Bestechlichkeit: . In: Legal Tribune Online, 28.05.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41740 (abgerufen am: 15.06.2025 )

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