Der 5. Strafsenat des BGH äußerte sich nun ausführlich zu der Frage, ob aus EncroChat gewonnene Erkenntnisse einem Beweisverwertungsverbot unterliegen. Er sieht dafür keine Anhaltspunkte.
Aus EncroChat gewonnene Erkenntnisse sind verwertbar. Das hat der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden. Bereits Anfang März ging diese Rechtsauffassung des BGH aus einem Beschluss des 6. Strafsenats hervor, der sich jedoch nur in einer "ergänzenden Bemerkung" äußerte. Der 5. Strafsenat hingegen äußerte sich in seinem Beschluss, der LTO vorliegt, nun ausführlich (Beschl. v. 02.03.2022, Az. 5 StR 457/21).
Dreh- und Angelpunkt des Beschlusses sind angeblich abhörsichere Kryptohandys des Anbieters EncroChat. Französische Behörden stellten solche Handys in den Jahren 2017 und 2018 mehrfach sicher und werteten die Daten aus. Dabei stieß man hauptsächlich auf Verbindungen zum Drogenhandel, auch von Nutzer:innen aus Deutschland. Infolgedessen kam es zu zahlreichen Verfahren und Verurteilungen. Über das konkrete Vorgehen der französischen Behörden besteht dabei Ungewissheit, sodass unklar ist, ob die aus EncroChat gewonnen Erkenntnisse in deutschen Gerichtsverfahren nicht einem Beweisverwertungsverbot unterliegen müssen.
Das verneinte nun auch der 5. Strafsenat des BGH. Die "Daten von EncroChat-Nutzern sind verwertbar", heißt es in dem Beschluss. Rechtsgrundlage für die Verwertung in der Hauptverhandlung erhobener Beweise sei § 261 StPO - und zwar unabhängig davon, ob diese zuvor im Inland oder etwa im Wege der Rechtshilfe erlangt worden sind. Das deutsche Recht sehe keine ausdrückliche Verwendungsbeschränkung für im Wege der Rechtshilfe aus dem Ausland erlangte Daten vor.
Achtung fremder Rechtsordnungen
Das "geltend gemachte Beweisverwertungsverbot besteht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt", es ergebe sich weder aus nationalem Recht noch aus den Vorgaben der EMRK. Die Rechtmäßigkeit von Ermittlungshandlungen sei nach dem Recht des ersuchten Staates zu bewerten. Im Rechtshilfeverkehr sei es geboten, Strukturen und Inhalte fremder Rechtsordnungen zu achten, auch wenn sie im Einzelnen nicht mit den innerstaatlichen Auffassungen übereinstimmen, so der BGH. Das gebiete auch der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in der EU.
Zwar gebe es Ausnahmen davon, wenn die Annahme eines nicht kompensierten Grundrechtsverstoßes besteht. Das sei hier aber nicht der Fall. Die Vermutung rechtmäßigen Handelns Frankreichs werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass die von den dortigen Behörden gewählten Mittel der Geheimhaltung unterliegen. Es sei keine Prüfung durch den ersuchenden Staat (also Deutschland) vorgesehen, ob der ersuchte Staat (Frankreich) Beweismittel nach dem Maßstab seiner eigenen nationalen Verfahrensregeln rechtmäßig erlangt hat.
pdi/LTO-Redaktion
Weiterer Strafsenat des BGH entscheidet: . In: Legal Tribune Online, 24.03.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47944 (abgerufen am: 09.10.2024 )
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