BGH entscheidet ungeklärten Streit: Wei­ter­gabe von Tatopfer-Sel­fies strafbar

14.10.2020

Wer Bilder von anderen Personen aufnimmt oder verbreitet, kann sich wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs strafbar machen. Doch was, wenn das Opfer die Bilder selbst geschossen hat? Der BGH hat nun entschieden.

Selbstaufnahmen eines Tatopfers können Gegenstand der unbefugten Weitergabe im Sinne des § 201a Abs. 1 Nr. 4 Strafgesetzbuch (StGB) sein. Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem nun veröffentlichten Beschluss und bestätigte die Verurteilung eines Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes und weiteren Sexualdelikten (Beschl. v. 29.07.2020, Az. 4 StR 49/20).

Nach § 201a Abs. 1 Nr. 4 StGB macht sich strafbar, wer eine befugt hergestellte Bildaufnahme der in den Nummern 1 und 2 der Vorschrift bezeichneten Art einem Dritten wissentlich unbefugt zugänglich macht und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich des Abgebildeten verletzt. Die Nummern 1 und 2 setzen unter anderem voraus, dass die Aufahme "von einer anderen Person" hergestellt wird. Doch was, wenn es sich bei der Aufnahme um ein Selfie handelt? Das war bisher umstritten.

Der BGH entschied nun: Auch Selbstaufnahmen des Tatopfers können laut den Karlsruher Richtern von § 201a Abs. 1 Nr. 4 StGB erfasst sein. Die Formulierung "Bildaufnahme der in den Nummern 1 oder 2 bezeichneten Art" führe nicht zwingend zu der Annahme, dass sämtliche tatbestandlichen Voraussetzungen der in Bezug genommenen Nummern erfüllt sein müssen, heißt es in dem Beschluss. Auch die Auslegung der Norm nach Systematik, Sinn und Zweck und dem Willen des Gesetzgebers widersprächen einem einschränkenden Verständnis der Vorschrift.

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BGH entscheidet ungeklärten Streit: . In: Legal Tribune Online, 14.10.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43103 (abgerufen am: 02.12.2024 )

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