Ein Mädchen sympathisiert mit der Terrormiliz IS und sticht einen Polizisten nieder. War die Schülerin Safia S. damit eine Kämpferin des IS? Der BGH sieht das so - und bestätigt ihre sechsjährige Haft.
Gut zwei Jahre nach der Messer-Attacke auf einen Polizisten in Hannover ist das Urteil gegen die jugendliche IS-Sympathisantin Safia S. rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof (BGH) wies am Donnerstag die Revision gegen eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Celle zurück (Urt. v. 19.04.2018, Az. 3 StR 286/17). Die damalige Gymnasiastin hatte am 26. Februar 2016 einen Polizisten bei einer Kontrolle im Hauptbahnhof Hannover niedergestochen. Der Mann überlebte schwer verletzt.
Nach den Feststellungen des OLG wollte S. den Polizisten töten, weil sie in ihm einen Repräsentanten der Bundesrepublik sah, die sie als ein Gebiet des Unglaubens betrachtete und deren Bewohner sie als "Feinde des Islams" hasste. Sie handelte dabei im Auftrag von Mitgliedern des IS, mit denen sie die konkrete Tatausführung abgesprochen hatte.
Das OLG hatte gegen die damalige Gymnasiastin und heute 17-jährige Deutsch-Marokkanerin eine sechsjährige Jugendstrafe wegen versuchten Mordes mit gefährlicher Körperverletzung und Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung verhängt. Ein heute 21-jähriger Deutsch-Syrer wurde zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt, weil er die geplante Tat nicht angezeigt hatte. Auch seine Revision blieb erfolglos.
Erster IS-Anschlag in Deutschland
Der BGH folgte im Ergebnis dem OLG und verwarf die auf eine Rüge der Verletzung materiellen Rechts und eine Verfahrensbeanstandung gestützte Revision des Mädchens. Ermittler sprachen damals von der ersten Tat, die der IS in Deutschland in Auftrag gegeben habe.
Ihre Verteidiger hatten auf eine mildere Strafe gehofft und die Tat nicht als Unterstützung des IS gewertet. Nach Meinung der Bundesanwaltschaft hat Safia S. dagegen die Terrormiliz mit der Tat klar unterstützt. Zu den Zielen des IS gehöre es, Unsicherheit zu schüren und durch derartige Anschläge Angst zu verbreiten.
Safia S., Tochter einer strenggläubigen Marokkanerin, hatte sich schon früh radikalisiert. Bereits als Grundschülerin kam sie mit dem Salafistenprediger Pierre Vogel in Kontakt. Dieser präsentierte sie im in einem Kanal auf der Videoplattform Youtube als "Unsere kleine Schwester im Islam" beim Rezitieren des Korans. Im Januar 2016 flog sie nach Istanbul, um sich dem IS anzuschließen. Weil ihre Mutter die Pläne durchkreuzte und sie zurückholte, plante sie in Deutschland ein Attentat.
Kurz bevor sie mit einem sechs Zentimeter langen Gemüsemesser in den Hals des 34 Jahre alten Polizisten stach, chattete Safia S. noch mit IS-Leuten und fabrizierte ein Bekennervideo. Dieses wurde jedoch nie ausgestrahlt. Die Terrormiliz hat sich auch nie zu der Tat bekannt. Safia S. hat sich inzwischen bei dem Polizisten entschuldigt.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Attacke auf Polizisten im Namen des IS: . In: Legal Tribune Online, 19.04.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/28169 (abgerufen am: 04.11.2024 )
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