Israels Premier Netanjahu trifft in Budapest ein. Ungarns Regierungschef Orbán kündigte bereits zuvor an, ihn trotz internationalem Haftbefehl nicht auszuliefern. Nun plant Ungarn zudem den Austritt aus dem IStGH.
Am Donnerstagmorgen ist der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in der ungarischen Hauptstadt Budapest angekommen. Er folgt dabei einer Einladung des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán, der diese trotz des gegen Netanjahu bestehenden Haftbefehls aussprach. Den Haftbefehl hatte der Internationalen Strafgerichthof (IStGH) zuvor im November 2024 gegen Netanjahu wegen der Angriffe Israels auf den Gaza-Streifen verhängt. Kurz nach Ankunft Netanjahus hat Ungarn nun angekündigt, aus dem IStGH austreten zu wollen.
Obwohl Ungarn das Statut des IStGH selbst ratifiziert hat, erklärte Orbán nach Erlass des Haftbefehls, sich an diesen nicht gebunden zu fühlen und lud demonstrativ seinen israelischen Kollegen ein. Ungarn werde den Haftbefehl nicht vollstrecken. Netanjahu müsse eine Auslieferung an das Weltstrafgericht bei einer Reise nach Ungarn nicht fürchten. So sieht es der Grundlagenvertrag des IStGH, das Römische Statut, nämlich vor.
Orbán halte den Haftbefehl für "kontraproduktiv und unsinnig". Kritiker werfen ihm vor, dadurch Demokratie und Rechtsstaat in Ungarn auszuhöhlen. Trotz Protesten hält Orbán an seinem bisherigen Vorgehen fest.
Austrittsverfahren noch Donnerstag einleiten
Kurz nach Ankunft Netanjahus in Budapest kündigte der ungarische Kanzleramtsminister Gergely Gulyas nun gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur MIT an, dass Ungarn aus dem IStGH austreten wolle. Das Austrittsverfahren soll noch heute (Donnerstag) eingeleitet werden.
Nach dem Grundlagenvertrag des IStGH wird ein Austritt aber erst ein Jahr nach der schriftlichen Kündigung wirksam. Allerdings bleiben die Verpflichtungen, die ein ehemaliger Vertragsstaat übernommen hat, auch noch nach dem Austritt bestehen. Demnach müsste Ungarn weiterhin mit dem IStGH zusammenarbeiten.
Damit ist aber nicht zu rechnen. Denn bei Vertragsbruch kann der IStGH sich zwar an die Vertragsstaatenkonferenz wenden, die über Maßnahmen gegen den vertragsbrüchigen Staat entscheidet. Große Folgen sind aber nicht zu erwarten.
Ablauf des Treffens bleibt geheim
Über die Reise Netanjahus nach Ungarn ist nicht viel bekannt. Anfragen an das Pressebüro des ungarischen Ministerpräsidenten blieben unbeantwortet. Israelischen Medienberichten zufolge wird der ungarische Staatspräsident Tamas Sulyok daran teilnehmen. Es ist die erste Reise Netanjahus nach Europa. Es ist ein viertägiger Aufenthalt geplant, für Sonntag ist die Rückreise vorgesehen.
Orbán unterstützt das Vorgehen der israelischen Regierung vorbehaltslos. Deswegen hat Ungarn als Mitglied der Europäischen Union in der Vergangenheit immer wieder EU-Resolutionen für eine Waffenruhe und Rücksichtnahme auf die palästinensische Zivilbevölkerung blockiert.
Scholz kann sich Verhaftung nicht vorstellen
Netanjahu und Orbán führen politisch beide mit harter Hand: sie positionieren sich gegen eine unabhängige Justiz, kritische Medien und eine offene Gesellschaft.
Derweil ist bekannt geworden, dass auch der geschäftsführende Bundeskanzler Olaf Scholz sich nicht vorstellen kann, dass der internationale Haftbefehl gegen Netanjahu bei einem möglichen Deutschland-Besuch vollstreckt würde. Bei einer Pressebegegnung nach einem Gespräch mit dem jordanischen König Abdullah II. in Berlin sagte der SPD-Politiker auf eine entsprechende Frage: "Dazu haben wir uns schon öfter geäußert. Und dass es in
Deutschland zu einer Verhaftung kommt, kann ich mir nicht vorstellen." Die Bundesregierung hatte damals erklärt, dass sie "innerstaatliche Schritte" wegen des Haftbefehls "gewissenhaft prüfen" werde.
Der wahrscheinlich künftige Kanzler Friedrich Merz hatte sich nach seinem Wahlsieg Ende Februar deutlicher geäußert. “Es ist für mich unvorstellbar, dass der demokratisch gewählte Ministerpräsident des Staates Israel Deutschland nicht besuchen kann", sagte der CDU-Chef in einem Interview der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. "Wir werden völkerrechtlich korrekte Wege finden, um den israelischen Ministerpräsidenten auch weiterhin in Deutschland empfangen zu können." Dass es nach der überwiegenden Auffassung deutscher Völkerrechtler aber keine legalen Wege gibt, den Haftbefehl zu ignorieren, hat LTO dargestellt.
Artikel aktualisiert am 03.04.2025, 13:12 Uhr.
tw/LTO-Redaktion
Mit Material von dpa
Besuch von Netanjahu in Budapest: . In: Legal Tribune Online, 03.04.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56931 (abgerufen am: 29.04.2025 )
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