BayObLG bestätigt Verurteilung wegen Volksverhetzung: "Impfen macht frei" ver­harm­lost den Holo­caust

23.03.2023

Ein Immobilienmager, der ein Bild eines Konzentrationslagers mit der Aufschrift "Impfen macht frei" auf Facebook geteilt hat, muss eine Geldstrafe zahlen. Das BayObLG hat entschieden, dass das volksverhetzend war. 

Die Verurteilung eines 46-Jährigen wegen Volksverhetzung nach der Veröffentlichung eines Bildes mit dem Eingang eines Konzentrationslagers und der Aufschrift "Impfen macht frei" im Internet ist rechtskräftig. Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) bestätigte nach einer Revision des Angeklagten zwei entsprechende Urteile des Amtsgerichts München und des Landgerichts München I, wie ein Sprecher am Mittwoch in München mitteilte. Der Immobilienmanager muss deshalb nun die vorgesehene Geldstrafe zahlen (Beschl. v. 20.03.2023, Az. 206 StRR 1/23).

Der Mann hatte im November 2020 auf seinem öffentlich einsehbaren Facebook-Account ein zweigeteiltes Bild veröffentlicht. Auf dessen unterer Hälfte war der Eingang eines Konzentrationslagers mit dem Schriftzug "Arbeit macht frei" über dem Eingangstor zu sehen. In der oberen Bildhälfte wiederholte sich das Motiv, der Schriftzug dort lautete allerdings "Impfen macht frei". Außerdem waren zwei schwarz uniformierte Männer mit überdimensionalen Spritzen abgebildet. Sein 52 Mal gelikter Kommentar dazu lautete "Alles schon mal dagewesen."

Die Vorinstanzen waren davon ausgegangen, dass der Mann mit dem Bild bewusst habe provozieren wollen. Er habe Ungeimpften suggeriert, dass sie Unrecht erlitten wie die Juden und andere Verfolgte in der NS-Zeit und dass es legitim sei, sich dagegen - auch mit Gewalt - zu wehren. Dagegen wandte sich der Angeklagte mit der Revision, weil der Straftatbestand der Volksverhetzung gem. § 130 Abs. 3 Strafgesetzbuch (StGB) nach seiner Meinung nicht erfüllt sei und er aufgrund der Verurteilung in seiner Meinungsfreiheit beschränkt werde.

Holocaust bagatellisiert

Das BayObLG verwarf die Revision und entschied, dass der Mann die von den Nationalsozialisten in den Konzentrationslagern begangenen Massenmorde verharmlost habe. Durch die Darstellung habe der Angeklagte die im November 2020 erwartete Situation für Impfunwillige (die erste Zulassung eines Impfstoffs in Europa erfolgte erst am 21. Dezember 2020) mit der der Holocaustopfer im Dritten Reich verglichen.

Damit habe er auch unter Beachtung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung in strafbarer Art und Weise die Verfolgung insbesondere von Juden im Dritten Reich bagatellisiert, urteilte das BayObLG. Zum einen sei die Würde und das Ansehen der Überlebenden des Holocausts und ihrer Angehörigen in einem für das Gemeinwesen unerträglichen Maß betroffen gewesen, zum anderen habe er Gegnern der Corona-Maßnahmen suggeriert, ihnen "werde ein den Gräueltaten der NS-Zeit vergleichbares Unrecht zugefügt, um sie nach Art eines geistigen Brandbeschleunigers aggressiv zu emotionalisieren".

NS-Vergleiche von Gegner der Corona-Maßnahmen haben die Strafjustiz in der Vergangenheit des Öfteren beschäftigt. Häufig ging es dabei um den sogenannten "Ungeimpft"-Stern, also einer Ausgestaltung des Davidsterns mit der Aufschrift "Ungeimpft", ähnlich dem Stern, den Juden in NS-Deutschland ab 1941 tragen mussten. Bei der Bewertung der Frage, ob der Stern als Volksverhetzung strafbar ist, sind sich die Gerichte jedoch nicht einig. Das Amtsgericht Pirna sah bei einem Facebook-Post mit einem "Ungeimpft"-Stern den Straftatbestand der Volksverhetzung nicht als erfüllt an. Hiergegen ist noch eine Revision der Staatsanwaltschaft am Oberlandesgericht Dresden anhängig, über die noch nicht entschieden ist (Az. OLG: 1 ORS 26 Ss 49/23). Das Landgericht Köln war dagegen der Ansicht, dass das zeigen des "Ungeimpft"-Sterns den Tatbestand des § 130 Abs. 3 StGB erfüllt (Beschl. v. 04.04.2022, Az. 113 Qs 6/22).

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BayObLG bestätigt Verurteilung wegen Volksverhetzung: "Impfen macht frei" verharmlost den Holocaust . In: Legal Tribune Online, 23.03.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51383/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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