Der BayVerfGH hat erneut über das umstrittene Polizeiaufgabengesetz entschieden und es abermals für verfassungskonform erachtet. Insbesondere die Vorschriften zum Präventivgewahrsam verstießen nicht gegen das Freiheitsgrundrecht.
Der Bayerische Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH) hat erneut eine Entscheidung über das umstrittene Polizeiaufgabengesetz (PAG) gefällt (Az. Vf. 15-VII-1). Wie bereits im vergangenen Jahr hat das Gericht das PAG erneut als verfassungskonform angesehen und eine weitere Klage damit abgewiesen.
Schon 2018 hatten der Bund für Geistesfreiheit München und der Bund für Geistesfreiheit Bayern eine Popularklage eingereicht, über die nun entschieden wurde und mit der sie die Feststellung der Verfassungswidrigkeit zahlreicher Regelungen des PAG anstrebten. Dabei hatten sie insbesondere den Präventivgewahrsam und den im Gesetz verankerten Begriff der "drohenden Gefahr", der demnach als Voraussetzung für einige polizeiliche Maßnahmen ausreicht, kritisiert. Nach Ansicht der Kläger verstößt das PAG gegen das Rechtsstaatsprinzip, den Grundsatz der Gewaltenteilung und mehrere Grundrechte.
Der BayVerfGH entschied nun, dass die Klage zum Teil unzulässig und im Übrigen unbegründet sei. Die Rüge an der Voraussetzung der "drohenden Gefahr" sei nicht ausreichend begründet worden. Auch eine mögliche Grundrechtsverletzung sei nicht hinreichend dargelegt worden, insoweit erachtete der Gerichtshof die Klage bereits als unzulässig.
Mit den Regeln für ein Präventivgewahrsam hat sich das Gericht jedoch im Detail auseinandergesetzt und kam zu dem Ergebnis: Die Vorschriften sind mit der Bayerischen Verfassung vereinbar.
Präventivgewahrsahm mit Freiheitsgrundrecht vereinbar
Das PAG sieht die Möglichkeit des richterlich angeordneten Präventivgewahrsams vor, von der zuletzt häufig im Zusammenhang mit Demonstrationen von Klimaaktivisten Gebrauch gemacht worden war. Früher war dieser auf eine Dauer von 14 Tagen beschränkt. Mittlerweile darf er für einen Monat mit Verlängerungsmöglichkeit bis zu einer Gesamtdauer von zwei Monaten angeordnet werden, wenn er der Verhinderung von Straftaten dient.
Der BayVerfGH erkennt in seiner Entscheidung zwar an, dass die präventive Ingewahrsamnahme einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff darstellt. Das Freiheitsgrundrecht der Betroffenen werde aber sowohl durch die im Gesetz vorgesehenen materiellen Eingriffsschwellen als auch durch verfahrensrechtliche Flankierungen ausreichend abgesichert. Zum staatlichen Schutzauftrag gehöre es nicht nur, kurzfristige Gefahren für die öffentliche Sicherheit abzuwehren, sondern auch, solchen Gefahrenlagen zu begegnen, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken. Insoweit verfolge die Regelung ein legitimes Ziel.
Da eine Ingewahrsamnahme zudem nur "als letztes Mittel" erlaubt sei, genüge die Vorschrift auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das Gericht argumentiert, dass die Ausschöpfung der Höchstfrist schließlich nicht zwingend vorgegeben sei. Der jeweils zuständige Richter entscheide über die Dauer der Maßnahme vielmehr anhand der Umstände des Einzelfalles. Eine Gewahrsamshöchstdauer von zwei Monaten werde daher in der Praxis nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen.
Entscheidung wenig überraschend
Mit diesem Ausgang des Verfahrens hatten die Kläger nach eigenen Angaben schon gerechnet. Ziel der Klage sei vielmehr gewesen, Bedenken aus der Bürgerschaft an die Justiz und Staatsregierung zu tragen.
Die juristische Debatte um das Gesetz geht aber trotz dieses Urteils weiter. Weitere Klagen gegen das Gesetz der Oppositionsparteien SPD und der Grünen sind noch anhängig.
lmb/LTO-Redaktion
mit Materialien der dpa
Erneute Entscheidung des BayVerfGH: . In: Legal Tribune Online, 14.06.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51990 (abgerufen am: 07.10.2024 )
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