BAG zur Befristung des Urlaubsabgeltungsanspruchs: Erfurter Richter geben Surrogatstheorie auf

19.06.2012

Ein Arbeitnehmer hat nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf Auszahlung des noch nicht genommenen Urlaubs. Er muss dies nach einem Urteil des BAG vom Dienstag jedoch nicht im Urlaubsjahr selbst verlangen. 

Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist der Abgeltungsanspruch des Klägers entgegen der Auffassung der Vorinstanzen nicht am 31. Dezember 2008 untergegangen. Der gesetzliche Urlaubsabgeltungsanspruch unterfalle als reiner Geldanspruch unabhängig von der Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers nicht dem Fristenregime des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG). Der Kläger habe deshalb die Abgeltung seines Urlaubs nicht im Urlaubsjahr 2008 verlangen müssen.

Sachliche Gründe dafür, warum für einen arbeitsfähigen Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses andere Regeln für den Verfall des Urlaubsabgeltungsanspruchs gelten sollen als für einen arbeitsunfähigen Arbeitnehmer, bestünden nicht. Der Senat halte daher auch für den Fall, dass der Arbeitnehmer arbeitsfähig ist, an der Surrogatstheorie nicht fest (Urt. v. 19.06.2012, Az. 9 AZR 652/10).

Der Kläger war beim Beklagten als Operating-Manager beschäftigt. Im Kündigungsrechtsstreit der Parteien stellte das Arbeitsgericht fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31. Juli 2008 endete. Dem Arbeitnehmer standen zu diesem Zeitpunkt jedenfalls 16 Tage Urlaub zu. Im Januar 2009 verlangte er von seinem früheren Arbeitgeber ohne Erfolg, diesen Urlaub abzugelten. Weder vor dem Arbeitsgericht noch vor dem Landesarbeitsgericht kam er damit durch.

Gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG muss der Erholungsurlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BurlG).

Diese Befristung galt nach bisheriger Senatsrechtsprechung grundsätzlich auch für den Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs, weil der Abgeltungsanspruch als Ersatz (Surrogat) für den wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr realisierbaren Urlaubsanspruchs verstanden wurde. Dieser Anspruch ist aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben nach der neueren Rechtsprechung des Senats allerdings dann nicht ebenso wie der Urlaubsanspruch befristet, wenn der Arbeitnehmer über den Übertragungszeitraum hinaus arbeitsunfähig ist.

tko/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BAG zur Befristung des Urlaubsabgeltungsanspruchs: . In: Legal Tribune Online, 19.06.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6427 (abgerufen am: 13.11.2024 )

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