BAG zur In-vitro-Fertilisation: Kündigung nach künstlicher Befruchtung unwirksam

27.03.2015

Bei einer außerhalb des Körpers erfolgten Befruchtung und einer daraufhin festgestellten Schwangerschaft greift das mutterschutzrechtliche Kündigungsverbot nicht erst mit einer erfolgreichen Einnistung der Eizelle. Schon mit deren Einsetzung ist eine Kündigung der werdenden Mutter unwirksam, entschied das BAG am Mittwoch.

Das mutterschutzrechtliche Kündigungsverbot greift bereits, wenn der Mutter eine befruchtete Eizelle eingesetzt wurde, urteilten die Richter des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Relevant ist damit der Zeitpunkt des Embryonenverkehrs und nicht erst die Nidation, also die Einnistung der befruchteten Eizelle (Urt. v. 26.03.2015, Az. 2 AZR 237/14).

Die klagende Arbeitnehmerin obsiegte damit auch in der letzten Instanz, nachdem ihr schon das Sächsische Landesarbeitsgericht (LAG) Recht gegeben hatte.

Nachdem die Angestellte ihren Arbeitgeber am 14. oder 15. Januar 2013 von ihrem bisher unerfüllten Kinderwunsch und dem bevorstehenden erneuten Versuch einer künstlichen Befruchtung (In-vitro-Fertilisation) unterrichtet hatte, sprach dieser ihr am 31. Januar ohne behördliche Zustimmung die Kündigung aus. Der Embryonentransfer war am 24. Januar 2013 erfolgt, die Schwangerschaft der Klägerin wurde am 07. Februar 2013 festgestellt. Hierüber informierte sie ihren Arbeitgeber am 13. Februar 2013.

EuGH: Keine Kündigung wegen In-vitro-Fertisilationsbehandlung

Das BAG erklärte die Kündigung nun für unwirksam und berief sich in seiner Begründung auch auf § 9 Abs. 1 S. 1 des Mutterschutzgesetzes (MuSchG). Demnach ist eine ohne behördliche Zustimmung ausgesprochene Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft unzulässig, wenn dem Arbeitgeber diese zur Zeit der Kündigung bekannt war oder sie ihm innerhalb zweier Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird.

Gleichzeitig sahen die Richter auch das Benachteiligungsverbot aus § 7 Abs. 1 i. V. m. §§ 1, 3 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verletzt: Laut einem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) könne eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts vorliegen, wenn eine Kündigung hauptsächlich aus dem Grund ausgesprochen werde, dass die Arbeitnehmerin sich einer Behandlung zur In-vitro-Fertilisation unterzogen habe (Urt. v. 26.02.2008, Az. C-506/06).

Einen derart gelagerten Sachverhalt hatte im vorliegenden Fall bereits das Sächsische LAG festgestellt (Urt. v. 07.03.2014, Az. 3 Sa 502/13).

avp/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BAG zur In-vitro-Fertilisation: . In: Legal Tribune Online, 27.03.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15085 (abgerufen am: 10.10.2024 )

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