Ein Arbeitnehmer kann auch dann einen Anspruch darauf haben, dass künftige Entgeltansprüche durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung verwendet werden, wenn ein Tarifvertrag das anders regelt. Nämlich dann, wenn der Tarifvertrag nicht einschlägig ist. So geschehen nun in einem am Dienstag vom BAG entschiedenen Fall.
Der Arbeitnehmer habe einen Anspruch darauf, dass ein Teil seiner künftigen Entgeltansprüche durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung verwendet wird (§ 1a BetrAVG). Dieser Anspruch werde durch die vertragliche Verweisung auf den Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes (ATV) nicht wirksam abbedungen, so die Erfurter Richter (Urt. 19.04.2011, Az. 3 AZR 154/09).
Der Anspruch auf Entgeltumwandlung nach § 1a Abs. 1 S. 1 des Gesetzes kann in Tarifverträgen zwar - auch zu Ungunsten der Arbeitnehmer - wirksam abbedungen werden.
Allerdings haben abweichende Bestimmungen zwischen nichttarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern nach § 17 Abs. 3 BetrAVG nur dann Geltung, wenn zwischen diesen die Anwendung der "einschlägigen" tariflichen Regelung vereinbart ist. Das setzt voraus, dass der Tarifvertrag in Bezug genommen wird, der bei Tarifgebundenheit der Parteien räumlich, betrieblich, fachlich und persönlich gelten würde.
ATV nicht einschlägig: Keine Abweichung von Entgeltumwandlung
Der klagende Arbeitnehmer ist seit 1980 bei dem beklagten Verein tätig. Nach dem Arbeitsvertrag sind auf das Arbeitsverhältnis der Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT) und die diesen ändernden beziehungsweise ersetzenden Tarifverträge sowie der ATV anzuwenden. Nach Nr. 1.3 der Anlage 5 zum ATV "besteht die Möglichkeit der Entgeltumwandlung … derzeit - einheitlich für alle Arbeitnehmer - nicht."
Zweck des beklagten Vereins ist es, die Wissenschaften zu fördern, insbesondere durch Unterhaltung von Forschungsinstituten. Er ist Empfänger so genannter institutioneller Förderung, finanziert sich also zu erheblichen Teilen aus öffentlichen Mitteln. § 8 Abs. 2 des Haushaltsgesetzes 2007 sieht vor, dass Zuwendungen zur institutionellen Förderung nur mit der Auflage bewilligt werden dürfen, dass der Zuwendungsempfänger seine Beschäftigten nicht besser stellt als vergleichbare Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Bundes.
Anders als die Vorinstanzen hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) der Klage des Arbeitnehmers stattgegeben. Nach Ansicht der Erfurter Richter handelt es sich bei dem ATV nicht um einen einschlägigen Tarifvertrag, da das Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem Verein nicht, wie nach dem ATV erforderlich, unter den Geltungsbereich des BAT fällt. Auch § 8 Abs. 2 Haushaltsgesetz 2007 stehe dem Entgeltumwandlungsanspruch nicht entgegen.
tko/LTO-Redaktion
Mehr auf LTO.de:
BAG: Erstattung von Energiekosten als Leistung der betrieblichen Altersversorgung
Betriebliche Altersvorsorge: Arbeitnehmer bleibt auch in der Insolvenz des Arbeitgebers berechtigt
BAG: . In: Legal Tribune Online, 20.04.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3084 (abgerufen am: 25.01.2025 )
Infos zum Zitiervorschlag