Anspruch nach dem AGG: BAG ver­mutet Benach­tei­li­gung bei Ver­fah­rens­fehler

26.11.2021

Wenn öffentliche Arbeitgeber gegen sozialrechtliche Pflichten verstoßen, kann darin eine AGG-relevante Benachteiligung von Schwerbehinderten liegen. Das hat das BAG entschieden.

Verstöße von Arbeitgebern gegen Vorschriften, die Verfahrens- und / oder Förderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen enthalten, begründen regelmäßig die Vermutung, dass eine Benachteiligung vorliegt. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Fall entschieden, wo ein öffentlicher Arbeitgeber das Stellenangebot nicht der zuständigen Agentur gemeldet hat (Urt. v. 25.11.2021, Az. 8 AZR 313/20).

In dem vorliegenden Fall ging es um die Besetzung einer Amtsleiterstelle im Rechts- und Kommunalamt einer Kommune mit einem Juristen bzw. einer Juristin. Die Stelle wurde dabei - entgegen § 165 SGB IX - nur über die Jobbörse der Bundesarbeitsagentur angeboten, nicht aber auch über deren Ableger.

Der klagende Jurist hatte sich 2017 unter Hinweis auf seine Schwerbehinderung auf die Stelle beworben, aber keine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch erhalten. Er hatte nur die Mitteilung bekommen, die Kommune habe sich für einen anderen Bewerber entschieden. Der Mann klagte daraufhin auf eine Entschädigung, weil er sich wegen des ausbleibenden Gesprächs diskriminiert sah. Im Gegensatz zu den Vorinstanzen in Sachsen, die seine Klage alle abgewiesen hatten, hatte er vor dem BAG nun Erfolg: Dem Juristen stehe aufgrund eines Verstoßes gegen § 165 S. 1 SGB IX eine entsprechende Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zu, entschied der 8. Senat.

Der Senat führte zur Begründung aus, dass Verstöße von Arbeitgebern gegen Vorschriften, die Verfahrens- und / oder Förderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen enthalten, regelmäßig die Vermutung begründeten, dass eine Benachteiligung vorliegt. Dazu gehöre auch § 165 S. 1 SGB IX, "wonach die Dienststellen der öffentlichen Arbeitgeber den Agenturen für Arbeit frühzeitig frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze melden".  Der beklagte Landkreis habe es entgegen dieser Norm unterlassen, den ausgeschriebenen, mit schwerbehinderten Menschen besetzbaren Arbeitsplatz der zuständigen Agentur für Arbeit zu melden. Die Veröffentlichung des Stellenangebots über die Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit stelle keine Meldung im Sinne der Norm dar.

dpa/jb/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Anspruch nach dem AGG: . In: Legal Tribune Online, 26.11.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46770 (abgerufen am: 13.10.2024 )

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