BAG sieht keine Diskriminierung jüngerer Witwen: Weniger Rente bei mehr als zehn Jahren Alters­un­ter­schied

von Maximilian Amos

11.12.2018

Ein größerer Altersunterschied zwischen Ehegatten rechtfertigt es, beim Tod des Älteren dem Partner die Hinterbliebenenrente zu kürzen, sagt das BAG. Schließlich sei bei solchen Ehen klar, dass man einen Teil des Lebens allein verbringt.

Wer einen deutlich älteren Partner heiratet, kann im Falle seines Todes womöglich nicht auf die volle Hinterbliebenenrente eines Versorgungswerks hoffen. Das geht aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom Dienstag hervor. Eine Regelung des Landesverbands Bayerischer Bauinnungen, welche die private Rente für eine hinterbliebene Ehefrau kürzt, die mehr als zehn Jahre jünger ist als ihr verstorbener Mann, stelle keine Altersdiskriminierung dar (Urt. v. 11.12.2018, Az. 3 AZR 400/17).

Geklagt hatte die Ehefrau eines Mitglieds des Landesverbands, das im Juli 2014 verstorben war. Seine Frau war 15 Jahre jünger als ihr Ehemann und wehrte sich mit ihrer Klage gegen die Kürzung ihrer Witwenrente. Diese hatte das Versorgungswerk des Verbandes nach dem Tod ihres Mannes zunächst in voller Höhe gezahlt. Ende des Jahres aber erhielt sie einen Bescheid, nach dem die Rente rückwirkend gekürzt werden sollte.

Dem zugrunde lag die Bestimmung in § 10 der maßgeblichen Versorgungsordnung, der vorsieht: "Wenn die Ehefrau mehr als zehn Jahre jünger ist als der verstorbene Ehemann, wird die Witwenrente für jedes volle, über zehn Jahre hinausgehende Jahr des Altersunterschieds um 5 % … gekürzt."

BAG: Legitimes Interesse des Arbeitgebers überwiegt

Die Witwe forderte daraufhin gerichtlich die Nachzahlung des fehlenden Teils der vollen Rente ein. Vor dem Arbeitsgericht drang sie damit noch nicht durch, in der nächsten Instanz hatte sie Erfolg. Der Versorgungsträger zog daraufhin im Wege der Revision aber vor das BAG, wo er nun auch Recht bekam.

Der Arbeitgeber, so die Erfurter Richter, verfolge mit dieser Begrenzung das durchaus legitime Interesse, sein finanzielles Risiko durch das Angebot der Hinterbliebenenrente zu begrenzen. Es handele sich auch nicht um eine übermäßige Beschneidung der Arbeitnehmerrechte, da bei einem Altersunterschied von mehr als zehn Jahren die eheliche Gemeinschaft darauf angelegt sei, dass der jüngere Partner einen Teil seines Lebens ohne den anderen verbringen werde.

Zudem stellte der Senat die Überlegung an, dass nur wenige Gatten betroffen seien, "deren Altersabstand zum Ehepartner den üblichen Abstand erheblich übersteigt". Und auch für diese sei schließlich kein vollständiger Ausschluss vorgesehen, sondern lediglich eine "maßvolle schrittweise Reduzierung" der Bezüge, die erst bei einem Abstand von mehr als 30 Jahren zu einem vollständigen Ausschluss führe.

"Verbreitung der betrieblichen Vorsorge fördern"

Für Dr. Thomas Frank, Rechtsanwalt bei Hogan Lovells in München und spezialisiert auf betriebliche Altersversorgung, kam die Entscheidung des BAG keineswegs überraschend."Die Entscheidung nun passt genau in die Linie, die das BAG schon seit mehreren Jahren im Zusammenhang mit Klauseln bei Hinterbliebenenversorgung fährt" erläutert Frank im LTO-Gespräch. Er weist auf eine Entscheidung des Gerichts aus Februar dieses Jahres hin, in dem es gar einen völligen Ausschluss bei einem Abstand von mehr als 15 Jahren gebilligt habe (Urt. v. 20.02.2018, Az. 3 AZR 43/17). Bereits in dieser Entscheidung hatten die Erfurter Richter das Interesse des Arbeitgebers, sein Risiko zu begrenzen, über das Versorgungsinteresse gestellt.

Hinter der Rechtsprechungslinie, so Frank, verberge sich das politische Interesse, die betriebliche Vorsorge nicht durch ein ausuferndes Risiko zu beeinträchtigen: "Man will ihre Verbreitung fördern, aber der Arbeitgeber will dann natürlich auch sein Risiko taxieren können. Daher akzeptieren die Gerichte, dass man gewisse Grenzen zieht."

Auch die Erwägung des BAG, dass gegen eine Diskriminierung spreche, dass nur ein kleiner Teil der grds. begünstigten Personen betroffen sei, hält Frank für tragfähig: "Man muss sich anschauen, wie stark eine Ungleichbehandlung ist. Und da kann es schon eine Rolle spielen, wie viele Menschen davon überhaupt betroffen sind." Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes beträgt der Altersunterschied bei mehr als 80 Prozent der Ehepaare weniger als sieben Jahre.

Die überkommene Formulierung der Klausel in dem entschiedenen Fall, die ihrem Wortlaut nach nur Ehefrauen berücksichtigt, sei natürlich nicht mehr so zu verstehen, betont Frank. Vielmehr werde sie heute dahingehend ausgelegt, dass alle Ehepartner erfasst seien.

Mit Materialien von dpa

Zitiervorschlag

BAG sieht keine Diskriminierung jüngerer Witwen: . In: Legal Tribune Online, 11.12.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32655 (abgerufen am: 06.11.2024 )

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