Arbeitgeber sind nicht dazu verpflichtet, in Massenentlassungsanzeigen gegenüber der Arbeitsagentur Alter oder Geschlecht der Betroffenen anzugeben. Die "Soll-Angaben" seien nach dem Willen des Gesetzgebers nicht verpflichtend, so das BAG.
Welche Angaben müssen Arbeitgeber bei einer Massenentlassung gegenüber der Bundesagentur für Arbeit machen? Mit seinem Urteil vom Donnerstag hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass Kündigungen auch dann wirksam sein können, wenn Angaben wie Geschlecht oder Alter der Betroffenen fehlen (Urt. v. 19.05.2022, Az. 2 AZR 467/21). Die Entscheidung ist von erheblicher Bedeutung, weil die Frage in den unteren Instanzen biser sehr unterschiedlich entschieden worden ist.
In dem konkreten Fall ging es um die Kündigung von 17 Arbeitnehmern in einem kleinen Betrieb mit weniger als 60 Beschäftigten. Eine Arbeitnehmerin klagte. Begründung: Ihre Kündigung sei unwirksam, weil die sogenannten Soll-Angaben nach § 17 Abs. 3 S. 5 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) in der Massenentlassungsanzeige gegenüber der Agentur für Arbeit fehlten. Gemeint sind damit zum Beispiel Geschlecht, Alter, Staatsangehörigkeit und Beruf.
Hätte sie damit Recht, wären nicht nur ihre, sondern alle Entlassungen unwirksam. So haben es jedenfalls auch die Vorinstanzen gesehen und der Kündigungsschutzklage der klagenden Frau stattgegeben.
Fehlende "Soll-Angaben" führen nicht zur Unwirksamkeit
Das Berufungsurteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Hessen hat das BAG nun aufgehoben. Denn das Fehlen der Soll-Angaben allein führe für sich genommen nicht zur Unwirksamkeit einer Massenentlassungsanzeige des Arbeitsgebers gegenüber der Agentur für Arbeit. Dies entspreche dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers, der deren Angabe gerade nicht verpflichtend vorgeschrieben habe.
Hierrüber dürften sich die nationalen Gerichte nicht im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung des EU-Rechts hinwegsetzen, wie es die Vorinstanzen getan hätten. Eine solche Auslegung sei im Übrigen nämlich schon gar nicht geboten, weil der Europäische Gerichtshof (EuGH) bereits geklärt habe, dass derartige Angaben wie Alter oder Geschlecht in der Anzeige nicht enthalten sein müssen.
Arbeitgeber hätten nun mehr Rechtssicherheit, sagt Patrick Mückl, Partner bei der Kanzlei Noerr in Düsseldorf. "Sie können jetzt auch dem ausdrücklichen Hinweis in dem Anzeigeformular der Agentur für Arbeit zur Freiwilligkeit der Soll-Angaben folgen." Vorher hätte ein OK der Agentur für Arbeit den Unternehmen im Ergebnis nichts genützt, weil die Arbeitsgerichte etwaige Fehler unabhängig geprüft hätten. Insgesamt sei dies für die Praxis eine große Erleichterung, weil Unternehmen die für die Soll-Angaben erforderlichen Daten häufig jedenfalls nicht vollständig haben und sie nun nicht aufwendig besorgen müssen, so der Fachanwalt für Arbeitsrecht.
mgö/LTO-Redaktion
BAG zu Massenentlassungen: . In: Legal Tribune Online, 19.05.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48506 (abgerufen am: 01.12.2024 )
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