Das Kabinett hat heute das Aslypaket II auf den Weg gebracht. Verschiedene Organisationen kritisieren mit deutlichen Worten eine geplante "massive Verschlechterung" der Asylverfahren in Deutschland.
Das Kabinett hat heute zwei Gesetze auf den Weg gebracht, die einen Beitrag zur Steuerung des Zustroms von Asylsuchenden sowie zur deutlichen und nachhaltigen Reduzierung der Asylmigration leisten sollen. Das "Asylpaket II" führt beschleunigte Asylverfahren ein. So wird zukünftig der Bezug von Asylbewerberleistungen an den Erhalt des neuen Ankunftsnachweises geknüpft, so dass nur noch derjenige die vollen Leistungen erhält, der die ihm zugewiesene Aufnahmeeinrichtung aufsucht. Um einer Überlastung der Aufnahme- und Integrationssysteme in Staat und Gesellschaft vorzubeugen, wird das Recht auf Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten für zwei Jahre ab Inkrafttreten des Gesetzes ausgesetzt.
Die Geldleistungen an Leistungsbezieher nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) werden zudem gesenkt. Mit dem Gesetz werden außerdem beschleunigte Asylverfahren für Anträge eingeführt, die überwiegend von vornherein keine Erfolgsaussichten haben. Diese sollen in besonderen Aufnahmeeinrichtungen durchgeführt werden und innerhalb einer Woche abgeschlossen sein. Bei negativem Ausgang kann nach einwöchiger Rechtsmittelfrist und einer vorgesehenen Regelbearbeitungszeit von einer Woche bei den Verwaltungsgerichten die Rückführung unmittelbar aus diesen Einrichtungen erfolgen.
Mahgreb-Staaten werden "sichere Herkunftsländer"
Das Gesetz beseitigt ebenso Rückführungshindernisse aus vermeintlich gesundheitlichen Gründen. Dazu werden Kriterien geschaffen, denen eine ärztliche Bescheinigung genügen muss, um eine Erkrankung des Ausländers glaubhaft zu machen. Weiterhin wird klargestellt, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat auch ausreichend sein kann, ohne den Standard der medizinischen Versorgung in Deutschland zu erfüllen.
Darüber hinaus werden Tunesien, Algerien und Marokko als sichere Herkunftsländer eingestuft. Bei sicheren Herkunftsstaaten wird kraft Gesetzes vermutet, dass ein Antragsteller aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird. Diese Vermutung kann jedoch durch den Antragsteller im Rahmen seines Asylverfahrens widerlegt werden.
Das Asylpaket II wird von verschiedenen Organisationen heftig kritisiert. Amnesty International, der deutsche Anwaltverein (DAV) und PRO ASYL werfen der Bundesregierung eine Politik von Härte und Unverhältnismäßigkeit gegenüber Menschen auf der Flucht vor. "Die neuen beschleunigten Verfahren gefährden massiv die Menschenrechte von Flüchtlingen", sagt Selmin Çalışkan, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland.
"Zeitdruck auf Sachbearbeiter wird erhöht"
"Anstatt zu gewährleisten, dass Asylanträge einfach schneller bearbeitet werden, was gerade für die Betroffenen wichtig ist, werden die Verfahren verschlechtert. Der Zeitdruck auf die Sachbearbeiter wird erhöht und die individuellen Gründe für Flucht und Asyl können kaum noch geprüft werden." Eine Gruppe von 218 ganz überwiegend im Ausländer- und Asylrecht sowie zum Teil im Strafrecht tätigen Anwälten hatten in einem Brandbrief an Bundesjustizminister Heiko Maas bereits heftge Kritik an dem Gesetzespaket geäußert.
Der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts, Prof. Dr. Klaus Rennert, plädierte ferner dafür, die übermäßigen Rechtsmittelbeschränkungen im Asylprozess zu überdenken. Derzeit entscheidet in asylrechtlichen Eilsachen ein Einzelrichter, gegen dessen Entscheidungen kein Rechtsmittel möglich ist. Das führe zu einer erheblichen Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung, was nicht nur die Rechtsuchenden und die Behörden, sondern auch die Einzelrichter selbst verunsichere. Rennert
schlug deshalb vor, den Verwaltungsgerichten zu erlauben, in Eilsachen die Beschwerde und in
Klageverfahren die Berufung zum Oberverwaltungsgericht und die Sprungrevision zum
Bundesverwaltungsgericht zuzulassen. Das werde zu einer relativen Vereinheitlichung
der Rechtsprechung beitragen und die Verfahrensdauer der Asylprozesse aufs Ganze gesehen verkürzen.
Der Vorschlag, Tunesien, Algerien und Marokko zu "sicheren" Herkunftsstaaten zu erklären, stößt auf massive Kritik. "Das Konzept der 'sicheren Herkunftsländer' ist nicht mit dem Recht auf ein individuelles Asylverfahren vereinbar. In Bezug auf die Maghreb-Staaten scheint die dortige Menschenrechtssituation bei den Überlegungen überhaupt keine Rolle gespielt zu haben", kritisiert die Generalsekretärin. In Marokko und Tunesien dokumentiert Amnesty seit Jahren Folter durch Polizei und Sicherheitskräfte. In beiden Ländern wurden Homosexuelle wegen ihrer sexuellen Orientierung vor Gericht gestellt und zu Haftstrafen verurteilt. In Tunesien, aber auch in Algerien, werde das Recht auf freie Meinungsäußerung eingeschränkt.
acr/LTO-Redaktion
Asylpaket II: . In: Legal Tribune Online, 03.02.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18351 (abgerufen am: 13.12.2024 )
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