Berliner Schulen haben sich an das Neutralitätsgesetz zu halten, wonach es Lehrerinnen verboten ist, mit einem Kopftuch zu unterrichten. Mit dem Urteil bestätigte das ArbG Berlin überraschend klar die Verfassungsmäßigkeit des Berliner Gesetzes.
Eine muslimische Lehrerin darf nicht mit Kopftuch an einer Grundschule in der Hauptstadt unterrichten. Das Berliner Arbeitsgericht (ArbG) wies am Mittwoch in erster Instanz eine Klage der Frau ab, weil es das in Berlin geltende Neutralitätsgesetz nicht als verfassungswidrig erachte (Urt. v. 09.05.2018, Az. 60 Ca 8090/17). "Es ist gültig, es ist nicht verfassungswidrig, es ist anzuwenden", so das Berliner Gericht.
Die Lehrerin hatte gegen das Land geklagt, weil sie mit Kopftuch an der Grundschule unterrichten wollte. Das verwehrte ihr das Land und wies die Lehrerin einem Oberstufenzentrum mit älteren Schülern zu, wo das Kopftuch erlaubt ist. Dort hätte sie in einer Willkommensklasse unterrichten können. Dadurch fühlte sich die derzeit in Elternzeit verweilende Frau in ihrer Religionsfreiheit verletzt. Vor ihrer Einstellung hatte sie bejaht, dass sie das Neutralitätsgesetz kenne. Das Gesetz verbietet das Tragen von religiös geprägten Kleidungsstücken im öffentlichen Dienst.
Das ArbG Berlin hielt die Umsetzung allerdings für rechtmäßig. Die Lehrerin sei nach ihrem Arbeitsvertrag verpflichtet, auch an einem Oberstufenzentrum zu unterrichten.
ArbG: Neutralitätsgesetz ist verfassungsgemäß
Eine grundrechtsverletzende Benachteiligung konnte der Berliner Richter in der Zuweisung des anderen Arbeitsplatzes nicht erkennen. Schließlich habe das Land das Berliner Neutralitätsgesetz zu beachten, welches einer Lehrerin verbiete mit einem Kopftuch an Grundschulen zu unterrichten.
An der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes hat das ArbG keinen Zweifel. Der Landesgesetzgeber habe in zulässiger Weise das Verhältnis zwischen der Religionsfreiheit der öffentlich Bediensteten und dem Gebot der religiösen Neutralität des Staates geregelt. Im Rahmen der Abwägung müsse die Religionsfreiheit zurücktreten.
Vor der Urteilsverkündung hatte die Anwältin der Bildungsverwaltung, Seyran Ates, noch gesagt, dass es die "sauberste Lösung" wäre, den Fall dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorzulegen. Die Karlsruher Richter hatten zuletzt 2015 ein pauschales Kopftuchverbot an nordrhein-westfälischen Schulen gekippt und die Bedeutung der Religionsfreiheit betont. Allein vom Tragen eines Kopftuches gehe demnach keine Gefahr aus.
Kopftuch-Debatte spaltet rot-rot-grüne Landesregierung
2017 hatte eine muslimische Lehrerin mit Kopftuch beim Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin eine Entschädigung von 8.680 Euro erstritten. Sie hatte argumentiert, sie sei wegen des Kopftuchs abgelehnt und diskriminiert worden. Das Gericht sah eine Benachteiligung, sprach jedoch von einer Einzelfallentscheidung. Der Auslegung des Neutralitätsgesetzes durch das LAG folgte das ArbG in diesem Fall nicht. Genauere Angaben machte der Berliner Richter bei der Urteilsverkündung allerdings nicht. Es sind die schriftlichen Urteilsgründe abzuwarten.
Der Regierende Bürgermeister Michael Müller und Bildungssenatorin Sandra Scheeres (beide SPD) wollen an dem Gesetz festhalten. Es schaffe staatliche Neutralität – "das gilt für Kopftücher, Kippa und Kreuz", so Müller in einem Interview mit der Welt im April. "Daran wollen wir festhalten. Denn wir sind in den letzten Jahren gut damit gefahren, dass wir im Klassenzimmer, Gerichtssaal oder Funkwagen diese staatliche Neutralität nachweisen."
Der Grünen-Koalitionspartner findet das Gesetz hingegen nicht rechtskonform. Bildung müsse neutral sein, das lasse sich jedoch nicht an Kleidung festmachen, argumentierten sie. Junge Muslimas der zweiten und dritten Generation erlebten das Gesetz als Berufsverbot.
mgö/LTO-Redaktion
Mit Materialien der dpa
ArbG Berlin zum Neutralitätsgesetz: . In: Legal Tribune Online, 09.05.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/28545 (abgerufen am: 01.12.2024 )
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