Pikantes Verfahren vor einem Pariser Arbeitsgericht: Ein entlassener Mitarbeiter wirft Deutschland ein "System der Schwarzarbeit" an der Residenz seines Botschafters vor.
Deutschland hat vor einem französischen Arbeitsgericht Barzahlungen an Mitarbeiter in der Residenz des deutschen Botschafters in Paris eingeräumt. Die Anwältin der Bundesrepublik, Cathy Noll, sprach am Mittwoch von "geringen Summen", die an Personal bezahlt worden seien, das bei bestimmten Abendveranstaltungen im Einsatz war. Der Anwalt eines Ex-Mitarbeiters, der gegen seine Entlassung geklagt hat, warf Deutschland eine "schwarze Kasse" und ein "System der Schwarzarbeit" vor, durch das Frankreich Sozialabgaben vorenthalten worden seien.
Die Anschuldigungen hatte vor einigen Monaten die französische Zeitung Le Monde öffentlich gemacht. Anwältin Noll sagte: Falls sich herausstellen sollte, dass die Bundesrepublik Nachzahlungen bei den Sozialabgaben schuldig sei, gebe es nicht den geringsten Zweifel, dass diese beglichen würden. Den Vorwurf, die Entlassung des Klägers sei ungerechtfertigt, wies sie entschieden zurück.
Nach Darstellung des Klägeranwalts Antoine Gillot sollen Angestellte der Botschafter-Residenz für Einsätze bei privaten Empfängen Geldzahlungen in bar bekommen haben, die nicht auf der Gehaltsabrechnung ausgewiesen worden seien. Es geht um Veranstaltungen deutscher Unternehmen, die gegen Geld Empfänge im Palais Beauharnais ausgerichtet hatten, der prachtvollen Residenz im Herzen der französischen Hauptstadt.
Auswärtiges Amt prüft Vorgänge
Ein Teil des Rechnungsbetrags sei anschließend an die dabei tätigen Botschafts-Mitarbeiter geflossen. Der Mann, dessen Fall nun verhandelt wurde, erhielt laut Gillot von Mai 2014 bis Juli 2015 insgesamt 7.300 Euro in bar ausgezahlt - wobei Noll lediglich von 5.300 Euro sprach.
Das Auswärtige Amt hatte zu den Vorgängen eine Sonderinspektion angesetzt und erklärt, dass die Abrechnungspraxis von Drittveranstaltungen im Frühjahr 2016 umgestellt worden sei – zu Details hielt das Ministerium sich aber bedeckt. Noll sagte nun, der Mitte 2015 nach Paris gekommene Botschafter Nikolaus Meyer-Landrut habe das Verfahren sofort gestoppt, als er davon erfuhr.
Aus dem Auswärtigen Amt hieß es am Mittwoch, dass die Erkenntnisse der Inspektion eingehend geprüft und bewertet würden. "Wegen der Komplexität des Sachverhalts dauert die Prüfung hinsichtlich der weiter in der Vergangenheit liegenden Vorgänge derzeit noch an." Dabei werde das Amt von unabhängigen Wirtschaftsprüfern unterstützt, deren Abschlussbericht in den nächsten Wochen erwartet werde.
Wurden Botschaftsmitarbeiter gemobbt?
Der Pariser Anwalt Gillot vertritt insgesamt zwei Mitarbeiter, die 2015 beziehungsweise 2016 entlassen worden waren, daraufhin gegen den deutschen Staat vors französische Arbeitsgericht zogen und nun Entschädigung fordern. Darunter ist auch der ehemalige Leiter des Residenz-Teams.
Im jetzt verhandelten Fall geht es um einen jungen Mann, der als Service- und Reinigungskraft eingestellt worden war. Nach Darstellung seines Anwalts war er zum Assistenten des anderen Entlassenen aufgestiegen, was der Arbeitgeber bestreitet.
Gillot verlangte für den Mann allein 100.000 Euro wegen ungerechtfertigter Kündigung sowie weitere Beträge unter anderem wegen Schwarzarbeit. Er stellte ihn als Opfer des Mobbings eines anderen Mitarbeiters dar. Noll argumentierte dagegen, der ehemalige Teamchef habe ein "Klima des Schreckens" verbreitet, bei dem der jüngere Mitarbeiter sein Komplize gewesen sei. Das Laiengericht will seine Entscheidung am 19. Juni verkünden.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Deutschland räumt Barzahlungen ein: . In: Legal Tribune Online, 17.05.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/28681 (abgerufen am: 16.10.2024 )
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