Gaza-Krieg: Amnesty wirft Israel Völ­ker­mord vor

05.12.2024

In einem fast 300 Seiten langen Bericht wirft Amnesty International Israel Völkermord an den Palästinensern vor. Israel habe es darauf angelegt, die Palästinenser als Gruppe zu zerstören, so die Menschenrechtsorganisation.

Amnesty International hat Israel Völkermord an den Palästinensern im Gazastreifen vorgeworfen. Die Menschenrechtsorganisation legte einen fast 300 Seiten langen Bericht zu den Vorwürfen vor. Israel sprach von einem “fabrizierten Bericht, der vollständig falsch ist und auf Lügen basiert”.

Völkermord ist u.a. die Tötung von Mitgliedern einer Gruppe, oder die vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, die körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen. Hinzukommen muss aber immer die Absicht, "eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören". Diese ist schwer nachzuweisen.

Israel "hatte und hat die klare Absicht, Palästinenser im Gazastreifen auszulöschen”, sagte Amnestys Generalsekretärin Agnès Callamard in Den Haag. Wer wie auch deutsche Rüstungsunternehmen Israel weiterhin Waffen liefere, laufe Gefahr, sich mitschuldig zu machen, so die Menschenrechtsorganisation in ihrem Bericht. Der Völkermord müsse sofort beendet, ein Waffenstillstand vereinbart und alle Geiseln freigelassen werden, forderte die Menschenrechtsorganisation.

Israel hat solche Vorwürfe stets zurückgewiesen und auf sein Recht auf Selbstverteidigung verwiesen. Auslöser des Gaza-Kriegs war das Massaker der Hamas und anderer Extremisten aus dem Gazastreifen am 7. Oktober 2023 mit 1.200 Toten und etwa 250 Verschleppten. Seitdem geht Israel in dem mit mehr als zwei Millionen Einwohnern dicht besiedelten Küstenstreifen massiv mit Bodentruppen und Luftangriffen gegen die Hamas vor. Nach palästinensischen Angaben starben bisher mehr als 44.500 Menschen und rund 105.500 wurden verletzt. Ein großer Teil der Wohnhäuser und Infrastruktur wurden zerstört. Hilfsorganisationen warnen vor einer Hungersnot. Israel sagt, es unternehme alles, um Zivilisten zu schützen, während die Hamas Zivilisten als Schutzschilder missbrauche. Das israelische Außenministerium beschrieb Amnesty International als eine “schändliche und fanatische Organisation”.

Amnesty: "Zahllose Mahnungen über die katastrophale humanitäre Lage ignoriert"

Ob Israel tatsächlich einen Völkermord an den Palästinensern begeht, ist gerade Gegenstand eines Verfahrens vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH). Südafrika hatte diesen Vorwurf Ende Dezember per Klage gegen Israel erhoben und ein Eilverfahren eingeleitet. Einige Völkerrechtler sehen zumindest das Risiko eines Genozids. “Die Anzeichen für einen Genozid verdichten sich”, sagte etwa Prof. Dr. Matthias Goldmann in einem LTO-Interview.

In verschiedenen Eilentscheidungen hatte der IGH Israel aufgefordert, seine Verpflichtungen aus der Völkermordkonvention einzuhalten. Zuletzt hatte der IGH Israels Militäroffensive in Rafah beanstandet. Außerdem gaben die Richter Israel vor allem auf, mehr humanitäre Hilfe zuzulassen und mehr Grenzübergänge für längere Zeiträume zu öffnen, um die Versorgung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Gütern sicherzustellen. Über diese Maßnahmen habe sich die israelische Regierung hinweggesetzt und zahllose Mahnungen über die katastrophale humanitäre Lage ignoriert, kritisierte Julia Duchrow, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland. 

Ob die deutschen Waffenlieferungen gegen Völkerrecht und die deutschen Ausfuhrregelungen verstoßen, hat noch kein Gericht festgestellt. Die Zweifel an der Rechtmäßigkeit wachsen allerdings. Das gilt umso mehr angesichts der vom Internationalen Strafgerichtshof in seinem Haftbefehlsbeschluss jüngst bejahten Verdachtsmomente für israelische Kriegsverbrechen in Gaza. Mehrere Experten sehen gegenüber LTO daher kaum noch argumentativen Spielraum für die Bundesregierung.

xp/fkr/LTO-Redaktion

Mit Material der dpa

Zitiervorschlag

Gaza-Krieg: . In: Legal Tribune Online, 05.12.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56040 (abgerufen am: 24.01.2025 )

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