Allgemeine Dienstpflicht: "Frei­heits­ein­griff" oder "Bekenntnis zu unserem Land"?

06.08.2018

Seit 2011 ist die Wehrpflicht ausgesetzt. Mit einer allgemeinen Dienstpflicht für Männer und Frauen etwa in sozialen Bereichen steht ein ähnliches Modell sieben Jahre später zur Diskussion. An der Verfassungsmäßigkeit gibt es aber Zweifel.

Eine von Teilen der CDU angeregte allgemeine Dienstpflicht stößt in der Partei selbst und darüber hinaus auf breite Skepsis. Zwar gibt es auch Unterstützer der an der Parteibasis aufgekommenen Idee eines verpflichtenden Dienstes junger Leute in Bundeswehr oder zivilen Einrichtungen zum Nutzen der Allgemeinheit - zahlreiche Politiker und Experten zweifeln aber an der Verfassungsmäßigkeit.

Die Diskussion war aufgekommen, nachdem die CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer aus Gesprächsrunden mit der Parteibasis das Bedauern über das Ende der Wehrpflicht und den Wunsch nach einer ersatzweisen Dienstpflicht mitgebracht hatte. Kramp-Karrenbauer will nun die Frage eines allgemeinen Dienstes, der gleichermaßen für Männer und Frauen offensteht, in die Diskussion für das neue CDU-Grundsatzprogramm einbringen.

Lindner: "Verstaatlichung eines Jahres Lebenszeit nicht zu rechtfertigen"

Besonders in der FDP ist der Vorschlag auf scharfe Kritik gestoßen. Der Staat sei kein Volkserzieherr, er diene den Menschen - und nicht andersherum: "Freiheitseingriffe müssen gerechtfertigt sein", sagte FDP-Chef Christian Lindner am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. Wenn es keine äußere Bedrohung der Sicherheit gebe, sei die Verstaatlichung eines Jahres Lebenszeit nicht zu rechtfertigen.

Grundlage für die bis 2011 geltende Wehrpflicht war das im Jahr 1956 vom Bundestag verabschiedete Wehrpflichtgesetz. Die Idee dahinter: Deutschland brauchte vor allem schnell verfügbare Kräfte für den weltweiten Einsatz.

Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels, steht dem Vorstoß skeptisch gegenüber: Eine allgemeine Dienstpflicht sei zwar eine "sympathische Idee", stoße aber verfassungsrechtlich an eine Grenze. "Es gilt das Verbot der Zwangsarbeit." Auch eine Rückkehr zur allgemeinen Wehrpflicht sieht Bartels kritisch. Die Bundeswehr folge heute dem Konzept einer professionellen Armee. Sie sei aktuell wesentlich kleiner als zu den Zeiten der Wehrpflichtarmee und habe zum Teil ganz andere Aufgaben.

Pflicht im sozialen Bereich: "Noch grundgesetzliche Hürden"

Der CDU-Verteidigungsexperte Henning Otte zeigte sich offen für eine allgemeine Dienstpflicht in sozialen Bereichen oder bei der Feuerwehr. Dadurch könne sich ein stärkeres Bekenntnis zu unserem Land entwickeln und der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt werden. "Juristisch sehe ich hier noch grundgesetzliche Hürden, die beseitigt werden müssten. Aber dieses Thema ist die Prüfung wert."

Ökonomisch gesehen mache es keinen Sinn, "junge Menschen ein Jahr von Ausbildung und Beruf fernzuhalten, um sie als ungelernte Hilfskräfte einzusetzen", sagte Lindner. Die junge Generation solle nun zum Opfer der Profilsuche der CDU werden. Die Ursachen des Personalmangels bei der Bundeswehr und der Pflegenotstand müssten beseitigt werden, aber nicht durch günstige und ungelernte Kräfte.

Wer zur Bundeswehr will, kann sich auch bisher schon für bis zu 23 Monate verpflichten. Zudem war nach Aussetzung der Wehrpflicht und damit auch des alternativen Zivildienstes der Bundesfreiwilligendienst geschaffen worden, mit Stellen im sozialen, ökologischen und sonstigen gesellschaftlichen Bereich sowie im Zivil- und Katastrophenschutz.

dpa/mgö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Allgemeine Dienstpflicht: . In: Legal Tribune Online, 06.08.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/30175 (abgerufen am: 13.10.2024 )

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