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AG Weinheim: Haft­strafe für Ärztin wegen fal­scher Mas­kenat­teste

03.01.2023

Mundschutz

Mehr als 100 Menschen hatten vor dem Amtsgericht gegen den Prozess demonstriert. Foto: picture alliance/dpa | Str

Über 4.000 falsche Maskenatteste hatte eine Ärztin aus Weinheim ausgestellt. Das AG Weinheim verhängte dafür am Montag eine mehrjährige Haftstrafe sowie ein Berufsverbot.

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In einem der größten Prozesse wegen falscher Maskenatteste während der Corona-Pandemie hat das Amtsgericht (AG) Weinheim am Montag eine Ärztin zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt - es geht um 4.247 Fälle. Zudem verhängte es laut der Direktorin des Gerichts ein vorläufiges Berufsverbot und ordnete an, dass rund 28.000 Euro eingezogen werden. Darüber hinaus verurteilte das Gericht eine Angestellte zu einer Geldstrafe.

Bei dem eingezogenen Geld handelt es sich nach Angaben des Gerichts um die Summe, die die Ärztin für das Erstellen der Atteste von den Empfängern eingenommen habe. Bundesweit hätten Menschen entsprechende Atteste bestellt und bekommen - ohne, dass die Ärztin sie untersucht hätte oder auch nur Kenntnisse über etwaige Vorerkrankungen gehabt hätte. Es seien auch keine Patientenakten angelegt worden. "Der Vorgang erinnert eher an einen Verkauf von Attesten als an eine medizinische Maßnahme", heißt es in der Mitteilung.

Im Fall der Angestellten ging das Gericht davon aus, dass die Frau "von ihrer Vorgesetzten zu den Taten angewiesen worden ist und mutmaßlich ihrer Rechtspflicht nur hätte nachkommen können, wenn sie ihre Anstellung aufgegeben hätte". Daher befand es eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 30 Euro als ausreichend und sah von einer Freiheitsstrafe auf Bewährung ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Hintergrund der ausgestellten Atteste war nach Angaben der Staatsanwaltschaft die politische Einstellung der Ärztin aus Weinheim im Rhein-Neckar-Kreis. Die 59-Jährige halte die gesetzlich gebotenen coronabedingten Einschränkungen für unangemessen und verfassungswidrig. Insbesondere gegen die Pflicht zum Tragen eines Mundschutzes habe sich die Angeklagte wiederholt öffentlich auf Demonstrationen und der Video-Plattform Youtube ausgesprochen, hieß es. Sie habe sich dazu auch vor Gericht bekannt.

Die Frau wurde von der Heidelberger Rechtsanwältin Beate Bahner verteidigt, einer bekannten Kritikerin der Corona-Politik. Sie warnte vor den medizinischen Risiken für Geimpfte und rechtlichen Konsequenzen für impfende Ärzte. Die Fachanwältin für Medizinrecht war auch in mehreren Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof gegen die baden-württembergische Corona-Verordnung vorgegangen - stets ohne Erfolg. Auch mit einem Antrag auf einstweilige Anordnungen gegen die Corona-Verordnungen aller 16 Bundesländer beim Bundesverfassungsgericht war sie gescheitert.

Es ist nicht die erste Verurteilung wegen falscher Maskenatteste - erst Mitte November 2022 war ein Arzt vom Landgericht Passau wegen Ausstellens falscher Masken-Atteste für nicht untersuchte Schulkinder in 24 Fällen zu einer einjährigen Bewährungsstrafe sowie einer Geldauflage in Höhe von 50.000 Euro verurteilt worden. Zuvor hatte auch das AG Garmisch-Partenkirchen eine Ärztin aus Oberbayern zu einer Haftstrafe verurteilt. Ärzte, die ohne Untersuchung Atteste ausstellen machen sich gemäß § 278 Strafgesetzbuch (StGB) wegen des Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse strafbar. 

pab/dpa/LTO-Redaktion

 

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AG Weinheim: Haftstrafe für Ärztin wegen falscher Maskenatteste . In: Legal Tribune Online, 03.01.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50643/ (abgerufen am: 07.12.2023 )

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