Die Mitglieder der Protestgruppe "Letzte Generation" machen Schlagzeilen, indem sie sich bundesweit auf Straßen und Autobahnen festkleben. Das AG hat nun im ersten Berliner Strafprozess einen Mann verurteilt.
Im ersten Strafprozess nach den Straßenblockaden von Klimademonstranten in Berlin ist ein Mann verurteilt worden. Das Amtsgericht (AG) Tiergarten sprach den 20-Jährigen am Dienstag der Nötigung schuldig und verurteilte ihn nach dem Jugendstrafrecht zur Ableistung von 60 Stunden Freizeitarbeit. Er hatte sich im Juni dieses Jahres an einer Blockade der Gruppe "Letzte Generation" an der Stadtautobahn A100 in Berlin-Wedding beteiligt und an der Fahrbahn festgeklebt.
Der Richter zeigte in der Urteilsbegründung zwar Verständnis für das Anliegen des Angeklagten, machte aber deutlich, dass nicht gegen Gesetze verstoßen werden dürfe. Durch das Festkleben seien andere Menschen an ihrem Fortkommen gehindert worden. Niemand dürfe zum Werkzeug gemacht werden, um politischen Druck auszuüben. "Es muss andere Wege geben als ein Blockieren", sagte der Richter. Details zur Rechtsprechung um die Strafbarkeit von Straßenblockaden hat Prof. Dr. Thomas Fischer bereits in seiner LTO-Kolumne ausgeführt.
Es war acht Uhr morgens, als sich der 20-Jährige, der derzeit in Sachsen studiert, am 29. Juni mit sechs weiteren Personen zur Stadtautobahn begab. Mehrere der Klimademonstranten hatten sich laut Staatsanwaltschaft mit Sekundenkleber festgeklebt - der 20-Jährige mit seiner linken Hand. Polizeibeamte hätten ihn gegen 9.19 Uhr unter Einsatz von Öl von der Fahrbahn lösen können.
Kein Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte
Ursprünglich war gegen den 20-Jährigen ein Strafbefehl über 450 Euro Geldstrafe (30 Tagessätze zu je 15 Euro) erlassen worden. Weil der Aktivist dagegen aber Einspruch eingelegt hatte, kam es zu einer mündlichen Verhandlung. Der Student rechtfertigte sein Verhalten nun und wies auf die Energiepolitik und den Klimawandel hin: "Es tut mir leid, dass wir stören müssen - aber wir müssen stören." Insgesamt gingen bisher 24 Einsprüche der Klimaaktivisten gegen bisher insgesamt 133 Strafbefehle ein.
Die Staatsanwaltschaft hatte sich im Prozess für eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro (50 Tagessätze zu je 30 Euro) ausgesprochen. Der 20-Jährige sei nach dem Erwachsenenstrafrecht wegen Nötigung und zudem auch wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte schuldig zu sprechen. Der Verteidiger sprach sich am Anfang der Verhandlung für eine Einstellung des Verfahrens aus und plädierte später auf Freispruch. Nur für wenige Minuten habe es eine Blockade gegeben. Für eine Rettungsgasse sei zudem gesorgt gewesen.
Das Gericht sah den Vorwurf des Widerstands nicht als bewiesen an. Es wandte aufgrund des Alters des Angeklagten das mildere Jugendstrafrecht an.
Die Protestgruppe äußerte sich zu dem Urteil: "Wir sind bereit, die rechtlichen Konsequenzen für unser Handeln zu tragen, doch können es nicht hinnehmen, dass sich das Gericht heute aus der Verantwortung gezogen hat", indem es die Klimawandel in seiner Entscheidung zwar anerkannt, aber nicht berücksichtigt habe. Die "Letzte Generation" kündigte deshalb an: "Der friedliche Widerstand geht mit derselben Entschlossenheit weiter."
dpa/cp/LTO-Redaktion
AG Tiergarten zum Festkleben auf der Autobahn: . In: Legal Tribune Online, 31.08.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49483 (abgerufen am: 02.12.2024 )
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