Das Zeigen eines rechtsextremen Tattoos im Schwimmbad ist Volksverhetzung. Ein NPD-Mitglied wurde zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt.
Ein 27-Jähriger ist wegen Volksverhetzung zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden (Urt. v. 22.12.2015, Az. 18 Ds 356 JS 34867/15 (368/15). Der Angeklagte hatte vor dem Amtsgericht (AG) Oranienburg bei Berlin zugegben, seine Tätowierung mit den Umrissen eines Konzentrationslagers und dem Spruch "Jedem das Seine" gezeigt zu haben. Die Tätowierung befindet sich auf der ganzen Breite im unteren Teil des Rückens des Mannes.
Ein Journalist, der seinerzeit als Badegast in Oranienburg war, hatte den Prozess ins Rollen gebracht. "Ich fand das Tattoo so ungewöhnlich, dass ich es dokumentieren musste", erklärte er vor Gericht. Auch weil sonst in der Schwimmhalle kaum einer Anstoß daran nahm, postete er es auf Facebook.
Das Tattoo mit den stilisierten Umrissen des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau und der Spruch "Jedem das Seine" erfordere eine "deutliche Reaktion des Staates", argumentierte der Staatsanwalt. Der Tätowierer sei beim Stechen nicht etwa abgerutscht, sondern der Angeklagte habe gewusst, was er sich da machen ließ.
Tattoo aus "tiefer politischer Überzeugung"
Der 27-Jährige handelte aus Sicht der Anklage aus "tiefer politischer Überzeugung". Er habe mit der Zurschaustellung seines Tattoos das Andenken an die Ermordeten in Auschwitz-Birkenau verunglimpft. Er habe die Massenvernichtung sogar öffentlich "gebilligt". Zehn Monate Haft ohne Bewährung wären dafür angemessen.
Die Verteidigung hingegen bestand auf Freispruch. Sein Mandant sei seit seinem Schwimmbad-Besuch einem "enormen Shitstorm" ausgesetzt, meinte dessen Anwalt Wolfram Nahrath. Das sei schon Strafe genug. "Wenn mein Mandant gewusst hätte, welchen medialen Druck durch das Tattoo ausgelöst wird, hätte er ein T-Shirt getragen." Der 27-Jährige selbst ist indes kein unbeschriebenes Blatt, sondern unter anderem wegen Körperverletzung und Amtsanmaßung vorbestraft. Er sitzt für die rechtsextreme NPD im Kreistag Barnim.
Richterin Barbara Speidel-Mierke zeigte sich unbeeindruckt. Weil er wegen ähnlicher politischer Delikte noch nicht aufgefallen sei, verurteilte sie den Kommunalpolitiker zu sechs Monaten auf Bewährung.
Das Tattoo an sich sei nicht strafbar, sondern das Zeigen in der Öffentlichkeit, womit der Träger es gebilligt habe. Die Staatsanwaltschaft äußerte sich unzufrieden und will Rechtsmittel prüfen. Eine Haftstrafe wäre wegen der Außenwirkung besser gewesen, meinte Lowitsch.
tap/LTO-Redaktion mit Material von dpa
AG Oranienburg verurteilt NPD-Mitglied: . In: Legal Tribune Online, 22.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17951 (abgerufen am: 03.12.2024 )
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