Druckversion
Freitag, 23.05.2025, 00:55 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/ag-kaufbeuren-nonne-nackt-parkplatz-exhibitionismus-kunst-performance
Fenster schließen
Artikel drucken
32525

300 Euro Geldbuße für Belästigung der Allgemeinheit: Die "Nackte Nonne" ist wohl keine Kunst

04.12.2018

Schauspielerin Antje Mönning möchte sich nicht vom Strafrecht gängeln lassen und stellt ihren Striptease auf einem bayrischen Parkplatz vor zwei Polizisten als künstlerische Performance dar. Eine Geldbuße muss sie dennoch zahlen.

Anzeige

Nach einem exhibitionistischen Auftritt auf einem Parkplatz im Allgäu muss die Schauspielerin Antje Mönning 300 Euro Geldbuße zahlen. Die 41-Jährige hatte im Juni in Jengen vor zwei Zivilpolizisten und einem Lastwagenfahrer in einem durchsichtigen Shirt posiert und dabei ihren Rock gehoben - unter dem sie keine Unterwäsche trug. Vor dem Amtsgericht (AG) Kaufbeuren musste sich Mönning daher wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses verantworten. Der Richter verurteilte sie schließlich aber nur wegen einer Ordnungswidrigkeit: Belästigung der Allgemeinheit.

"Es ist richtig: Ich habe aus einer künstlerischen Laune heraus vor drei Männern an besagtem Parkplatz mit dem Hintern gewackelt und dabei mein Röckchen leicht angehoben, unter dem ich nackt war." So äußerte sich die Schauspielerin Antje Mönning, leidlich bekannt als Nonne Jenny Marquard in der ARD-Abendserie "Um Himmels Willen", am Dienstag in der Strafverhandlung, wie aus einem schriftlichen Statement hervorgeht, das LTO vorliegt.

Mit großem Medienrummel begann der Prozess um ihren freizügigen Auftritt im Juni. Dort hatte sie vor zwei Zivilpolizisten mit einer durchsichtigen Bluse und einem knappen Rock bekleidet posiert und wurde dabei von zwei Polizisten in Zivil mit einer Verkehrsüberwachungskamera gefilmt, die später eine Anzeige schrieben. Gegen den darauf ergangenen Strafbefehl legte Mönning Einspruch ein, womit die Sache vor Gericht landete.

Freizügige Einlage als Kunst?

Laut Anklage musste sich die 41-Jährige wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses nach § 183a Strafgesetzbuch (StGB) verantworten. Die Schauspielerin erklärte in der Verhandlung, sie habe nicht erkennen können, dass es sich bei den Personen im Wagen um Polizisten handelte. Für ihre Strafbarkeit dürfte das indes keine Rolle gespielt haben.

Dafür hielt sie ein Plädoyer für sexuelle Freizügigkeit und einen entspannteren Umgang mit dem weiblichen Körper. "Ich kann nicht glauben, dass es eine Straftat sein soll, als Frau seinen Körper zu zeigen. Dafür hat sich in den letzten Jahren doch viel zu viel verändert. Frauen haben jahrzehntelang für die Befreiung von weiblicher Sexualität und überkommenen Moralvorstellungen gekämpft. Ich nehme es für mich in Anspruch sexuell selbstbestimmt und frei von jeglicher Erwartungshaltung zu leben", äußerte sich Mönning, von ihrem Anwalt vertreten, vor Gericht.

Außerdem habe es sich bei ihrem Auftritt um eine "improvisierte Performance" gehandelt, die auf einem Parkplatz stattgefunden habe, auf dem, so Mönning, "sexuelle Interaktion jeglicher Art (...) akzeptiert" sei. Sie habe nicht geglaubt, dass sich jemand durch ihren Auftritt gestört fühlen könne, und hätte auf einen entsprechenden Hinweis hin auch entsprechend reagiert; wegen zu lauter Musik stelle man ja auch nicht gleich Strafanzeige.

Gericht sieht Strafbarkeitsschwelle nicht überschritten

Ihr Verteidiger, der Münchener Rechtsanwalt Dr. Alexander Stevens, und dessen Kollege Philip Müller  argumentierten, es habe sich um gar keine sexuelle Handlung von einer gewissen Erheblichkeit gehandelt, wie sie die Strafnorm fordert. Striptease-Vorführungen seien jedenfalls nicht ausreichend, um die Strafbarkeitsschwelle zu überschreiten. Zudem habe ihre Mandantin niemanden ärgern wollen und somit auch gar nicht vorsätzlich gehandelt.

Schließlich sei die Handlung im Zweifel durch die Kunstfreiheit gedeckt, wandten die Verteidiger ein. Außerdem habe sie die Geschehnisse in zwei auf YouTube abrufbaren Videos satirisch behandelt. Das Ausziehen auf dem Parkplatz als Vorbereitungshandlung sei vom Schutz des Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz (GG) ebenfalls erfasst.

Dieser Auffassung folgte das Gericht jedenfalls in Teilen. Wie die Anwälte sah es die Erheblichkeitsschwelle für eine Straftat nicht überschritten. Schließlich habe man den "Wandel der sittlichen Vorstellungen" zu berücksichtigen, wie das Gericht am Dienstagabend mitteilte. Weil die Schwelle für § 118 Abs. 1 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) aber deutlich niedriger liege, sei Frau Mönning immerhin danach zu verurteilen. Ordnungswidrig handelt laut der Vorschrift, "wer eine grob ungehörige Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Allgemeinheit zu belästigen oder zu gefährden und die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen".

Ob Mönning Rechtsmittel einlegen wird, war am Dienstag noch nicht bekannt.

mam/LTO-Redaktion

Mit Materialien von dpa

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

300 Euro Geldbuße für Belästigung der Allgemeinheit: . In: Legal Tribune Online, 04.12.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32525 (abgerufen am: 23.05.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Strafrecht
    • Fernsehen
    • Ordnungswidrigkeit
    • Prominente
    • Sex
    • Sexualstrafrecht
  • Gerichte
    • Amtsgericht Kaufbeuren
Brüsseler Platz, Köln 15.05.2025
Alkohol

Nach Beschluss des VG Köln zum Brüsseler Platz:

Feiern ja, Kiosk­bier nein

Am Brüsseler Platz darf nachts wieder länger verweilt werden – allerdings ohne Alkohol. Zwischen 22.00 und 6.00 Uhr ist Trinken verboten. Damit ersetzt die Stadt das umstrittene Verweilverbot durch ein nächtliches Alkoholverbot.

Artikel lesen
Lyle Menendez im 1996er-Prozess 14.05.2025
Persönlichkeiten

Neue Beweislage, geringeres Strafmaß:

Menendez-Brüder könnten früher frei­kommen

35 Jahre nach der Ermordung ihrer Eltern können die Menendez-Brüder Lyle und Erik auf Haftentlassung hoffen. Wegen neuer Beweislage setzte ein Richter ein neues Strafmaß fest. Jetzt muss aber noch ein Bewährungsausschuss entscheiden.

Artikel lesen
Gerard Depardieu 13.05.2025
Prominente

Pariser Strafgericht verurteilt Schauspieler:

Bewäh­rungs­strafe für Depar­dieu wegen sexu­eller Über­griffe

Erstmals musste Filmikone Depardieu wegen Belästigungsvorwürfen vor Gericht – jetzt wurde er verurteilt. Dabei hatte er auf einen Freispruch gepocht.

Artikel lesen
Gerhard Delling und Christina Block 13.05.2025
Sorgerecht

Erfolglose Verfassungsbeschwerde im Sorgerechtsstreit:

Ste­ak­haus-Erbin Chris­tina Block unter­liegt auch vorm BVerfG

Die Erbin der Hamburger Steakhaus-Kette Block House Christina Block ist mittlerweile im Entführungskomplex ihrer Kinder selbst angeklagt. Vor dem BVerfG scheiterte sie nun mit ihrer Verfassungsbeschwerde.

Artikel lesen
Screenshot tagesschau 20.04.2025, 20 Uhr 30.04.2025
Markenrecht

EuG weist Klage gegen EUIPO ab:

Marke "tages­schau" ist nicht ver­fallen

Die Marke wird mehrmals täglich eingeblendet und auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist in Konkurrenz mit anderen auf Einschaltquoten angewiesen: So begründet das EuG, dass die Wortmarke "tagesschau" nicht verfallen ist.

Artikel lesen
Brüsseler Platz, Köln NRW 24.04.2025
Lärmschutz

Nur gucken, nicht bleiben:

VG Köln hält nächt­li­ches Ver­weil­verbot am Brüs­seler Platz für rechts­widrig

Der Streit um das nächtliche Verweilverbot am Brüsseler Platz in Köln geht weiter: Das Verwaltungsgericht Köln hat im Eilverfahren entschieden, dass die Allgemeinverfügung voraussichtlich rechtswidrig ist.

Artikel lesen
logo lto karriere
TopJOBS
Logo von RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Rechts­an­wäl­te (m/w/d) als An­ge­s­tell­te oder in frei­er Mit­ar­beit

RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH , 100% Re­mo­te

Logo von GvW Graf von Westphalen
Re­fe­ren­da­re (m/w/d) Stand­ort Ham­burg

GvW Graf von Westphalen , Ham­burg

Logo von Oppenhoff
Re­fe­ren­da­re (m/w/d) al­le Fach­be­rei­che

Oppenhoff , Köln

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Cott­bus

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Pots­dam

Logo von ADVANT Beiten
Re­fe­ren­da­re (w/m/d) - Wirt­schafts­straf­recht & Com­p­li­an­ce

ADVANT Beiten , Düs­sel­dorf

Logo von ARQIS
Prak­ti­kan­ten (m/​w/​d) AR­QIS Sum­mer School 2025

ARQIS , Düs­sel­dorf

Logo von Wolters Kluwer
Ju­rist als Pro­dukt­ma­na­ger im Be­reich Con­tent - Straf­recht (m/w/d)

Wolters Kluwer , Hürth

Mehr Stellenanzeigen
logo lto events
Moovijob Day Luxembourg in Trier

23.05.2025, Trier

Plötzlich doch selbständig? Wie aus einer Scheinselbständigkeit von Lehrkräften eine selbständige Tätigkeit werden kann

26.05.2025, Bonn

Logo von Hagen Law School in der iuria GmbH
Fachanwaltslehrgang Erbrecht im Fernstudium/ online

23.05.2025

Konfliktvermeidung durch Vertragsgestaltung und Vertragsgestaltung zur Konfliktlösung

26.05.2025, Frankfurt am Main

Matchwinner Verfahrensrecht

26.05.2025

Mehr Events
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH