Kurz nach dem Angriff der Hamas auf Israel zeigte ein Schüler eine Palästina-Flagge. Als ein Lehrer das unterbinden wollte, eskalierte die Situation und er soll den Schüler geschlagen haben. Das AG stellte das Verfahren gegen ihn nun ein.
Nach Gewalt auf einem Schulhof in Berlin im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt ist das Verfahren gegen einen Lehrer vor dem Amtsgericht (AG) Berlin-Tiergarten eingestellt worden. Er war wegen Körperverletzung im Amt (§ 340 Abs. 1 Strafgesetzbuch, StGB) angeklagt. Nun soll er innerhalb von sechs Monaten eine Geldauflage von 800 Euro zahlen, dann ist der Fall endgültig erledigt. (Az. 246a Cs 1062/24).
Zwei Tage nach dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel 2023 gerieten an einem Gymnasium in Berlin-Neukölln Lehrer und Schüler aneinander. Der Schüler soll eine Palästina-Flagge gezeigt haben, die Anklage warf dem Lehrer vor, dem inzwischen 16-Jährigen mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen zu haben. Der Lehrer sprach im Prozess von einem reflexartigen Schlag nach einem Angriff des Schülers.
Ursprünglich sollte der Lehrer für Sport und Geografie eine Geldstrafe von 3.000 Euro (30 Tagessätze zu je 100 Euro) zahlen. Gegen einen entsprechenden Strafbefehl des AG hatte er jedoch Einspruch eingelegt. Darum kam es zur mündlichen Verhandlung. Der Schüler trat in dem Prozess als Nebenkläger auf und sagte unter Ausschluss der Öffentlichkeit aus.
Schüler trat Lehrer in Bauch
Der Lehrer wies den Vorwurf eines absichtlichen Schlags vor Gericht zurück. “Ich hörte Jubel”, schilderte er. Er sei zu der jubelnden Gruppe gegangen, wo ein Vermummter eine Palästina-Flagge gezeigt habe. Er habe dies als politische Demonstration aufgefasst, “mir war klar, dass ich da einschreiten muss", meinte der 62-Jährige.
Ein Schüler habe dann demonstrativ die Flagge in seine Richtung gezeigt. Er habe ihn aufgefordert, sie wegzupacken und mit zur Schulleitung zu kommen. Weil der Schüler dies nicht getan habe, sei es zu einer Konfrontation “von Angesicht zu Angesicht” gekommen. Der Schüler habe ihn dann plötzlich angegriffen und seinen Kopf gegen seine Stirn bewegt, so der Lehrer. Reflexartig habe er ihn weggeschoben. Für ihn sei die Situation beendet gewesen. Wie der Lehrer schilderte, soll er dann jedoch von dem Schüler angegriffen worden sein. Mit ausgestrecktem Bein habe er ihn in den Bauch getreten.
Die Vorsitzende Richterin Imke Hammer sagte, es gebe mehrere Gründe für die Einstellung des Verfahrens: Die Staatsanwaltschaft sei selbst von einem minderschweren Fall ausgegangen. Dem Geschehen seien Provokationen voraus gegangen. Der Lehrer sei selbst verletzt worden und arbeite seitdem nicht mehr. Zudem sei er der Bedrohung durch Schüler:innen ausgesetzt.
“Von Polizei als gefährdete Person eingestuft”
Der 62-Jährige ist seit dem Vorfall nach eigenen Angaben krankgeschrieben und in psychologischer Behandlung. “Ich wurde von der Polizei als gefährdete Person eingestuft. Ich sollte auf keinen Fall in die Schule gehen”, schilderte er. Eine Schülerin habe im Internet dazu aufgefordert, ihn “behindert” zu schlagen. Gegen diese Jugendliche werde es demnächst zu einem Prozess kommen.
Auch gegen den 16-Jährigen Schüler hat die Berliner Staatsanwaltschaft wegen Körperverletzung Anklage erhoben. Ob und wann es in diesem Fall vor einem Jugendgericht zum Prozess kommt, ist nach Angaben einer Gerichtssprecherin noch offen. Das Gericht müsse noch prüfen, ob es einen hinreichenden Tatverdacht gebe.
Der Schüler sagte im Prozess gegen den Lehrer unter Ausschluss der Öffentlichkeit aus. Sein Rechtsanwalt erklärte, den Kopfstoß habe es nicht gegeben. Durch den Schlag ins Gesicht habe sein Mandant mehrere Wochen Schmerzen im Gesicht gehabt. Der Schüler habe in einer eindeutigen Selbstverteidigungssituation gehandelt. Der Jugendliche habe die Schule wechseln müssen.
dpa/mh/LTO-Redaktion
AG Tiergarten zu Eskalation auf Schulhof: . In: Legal Tribune Online, 24.01.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56427 (abgerufen am: 16.02.2025 )
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