Namensänderung verzögert, falsche Anrede benutzt: DKB muss trans Kundin Ent­schä­d­i­gung zahlen

von Dr. Max Kolter

19.06.2025

Eine Heiratsurkunde genügt, um den Nachnamen bei der DKB zu ändern. Die Vornamensänderung einer trans Kundin dagegen zog sich über Monate hin. Das AG Mitte sieht darin eine Diskriminierung, die auch Geldwäscheregeln nicht rechtfertigen.

Will eine trans Bankkundin aufgrund einer Änderung des Geschlechtseintrags Vornamen und Anrede ändern lassen, muss die Bank ihr das nicht nur ermöglichen. Sie darf dabei auch keine höheren Hürden aufstellen als für Namensänderungen aus anderen Gründen, wie etwa nach der Eheschließung. Das entschied das Amtsgericht (AG) Berlin-Mitte im Fall einer Kundin der Berliner Direktbank DKB. Nach dem noch nicht rechtskräftigen Urteil (v. 14.05.2025, Az. 23 C 14/25) muss die DKB an die Frau nun 2.000 Euro Entschädigung zahlen, weil sie Namens- und Anredeänderung monatelang nicht vorgenommen, sondern zusätzliche Nachweise verlangt hatte.

In diesen Hürden sowie in der falschen Anrede in der Zwischenzeit sah das Gericht eine geschlechtsbezogene Diskriminierung. Einschlägig war nicht das neue Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) der Ampel, weil die hier zugrunde liegende Änderung des Geschlechtseintrags noch auf Grundlage des alten Transsexuellengesetzes (TSG) erfolgt war. Vielmehr ergibt sich der Anspruch nach Auffassung des AG Mitte aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Es liege "eine sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligung i.S.d. §§ 3 Abs. 1, 19 AGG wegen des Geschlechts und der sexuellen Identität" vor, heißt es in dem Urteil, das LTO vorliegt.

§ 19 AGG erklärt die Ungleichbehandlung in zivilrechtlichen Schuldverhältnissen für unzulässig. § 3 Abs. 1 AGG definiert, wann allgemein eine unmittelbare Benachteiligung vorliegt. Entscheidend ist nach beiden Vorschriften, dass die betroffene Person aufgrund eines der unzulässigen Diskriminierungsmerkmale – neben dem Geschlecht und sexueller Identität sind das etwa Alter, Herkunft, Religion oder Behinderung – "eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde". Das hat das Gericht hier bejaht.

Sechs Monate Schriftverkehr, eine Neuidentifizierung und ein gesperrtes Depot

Als maßgebliche Vergleichsgruppe zog es Bankkund:innen heran, die nach einer Heirat ihren Nachnamen in den Kundendaten ändern lassen wollen. Hierfür hält die DKB ein Musterformular bereit; als Nachweis der Namensänderung genügt die Heiratsurkunde.

Im Fall der trans Kundin jedoch hatte die DKB im Laufe des sich über mehrere Monate hinziehenden Briefwechsels immer wieder neue Nachweise verlangt. Dass die Frau ihre Bitte, den Vornamen zu ändern, schriftlich äußerte und als Nachweis einen Gerichtsbeschluss über die Änderung des Geschlechtseintrags und des Vornamens nach dem TSG vorlegte, genügte der Bank nicht. Vielmehr forderte sie zunächst – unter der fortgesetzten Nutzung der männlichen Anrede – das Musterformular für die Namensänderung an. Obwohl die Kundin dies zweieinhalb Monate später ausgefüllt an die DKB zurückgeschickt hatte, forderte die Bank weiterhin mehrfach das Formular an.

Zudem wurde die Kundin – allerdings erst nach einem weiteren Monat erstmals – aufgefordert, sich mit einem aktuellen Ausweisdokument neu zu identifizieren.

Die Kreditkartenrechnungen liefen zwischenzeitlich weiter auf den männlichen Namen der Klägerin. Noch sechs Monate nachdem sie ihre Änderungsbitte zum ersten Mal schriftlich geäußert hatte, schrieb die Bank sie unter der männlichen Anrede an. Zudem hatte sie zwei Wochen lang keinen Zugriff auf ihr Depot, weil die Bank eine beantragte Depotübertragung wegen der fehlenden Namensänderung nicht abschließend beauftragt hatte.

Geldwäschegesetz ist keine Rechtfertigung

Diese Ungleichbehandlung der Bankkund:innen danach, ob die Namensänderung auf einer Eheschließung oder einer Änderung des Geschlechtseintrags basiert, ist nach Auffassung des AG Mitte nicht gerechtfertigt. Ein sachlicher Grund nach § 20 AGG liege nicht vor.

Insofern ließ das Gericht den Verweis der DKB auf das Geldwäschegesetz (GwG) nicht gelten. Die Bank hatte argumentiert, dass die Änderung des Vornamens und der Geschlechtszugehörigkeit in einer laufenden Kundenbeziehung eine neue Identifizierung erforderlich mache. 

Zwar sind die Banken nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 GwG verpflichtet, laufende Kundenbeziehungen zu überwachen und in diesem Rahmen auch sicherzustellen, dass nur solche Personen Zugriff auf die Konten und Karten haben, die bei der Bank mit ihren Daten als Berechtigte hinterlegt sind. Nach § 10 Abs. 3a GwG sind sie zur Aktualisierung "maßgeblicher Umstände" verpflichtet. 

Ob Vorname und Geschlecht ein solche maßgeblichen Umstände sind, stellte das Gericht ins Ermessen der Bank. Auch insofern war der Vergleich zur ehebedingten Namensänderung maßgeblich: So sei "nicht nachvollziehbar, warum die Namensänderung nach einer Heirat keine maßgebliche Änderung nach § 10 Abs. 3a GwG sein soll, die Vornamensänderung nach § 1 TSG a.F. indes schon". Nicht überzeugt war das Gericht vom Einwand der Bank, mit der Namensänderung nach dem TSG sei stets eine Änderung des äußeren Erscheinungsbildes verbunden. Dass trans Personen mit einer Änderung ihres Aussehens bis zum formalen Gerichtsbeschluss abwarten würden, hielt das AG für "eher abwegig". Auch aus anderen Vorschriften ergebe sich keine Berechtigung der Bank, eine Neuidentifizierung zu verlangen.

Gericht rügt unsensible Kommunikation im Prozess

Der Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung für einen immateriellen Schaden ergibt sich aus § 21 Abs. 2 AGG. Insofern sprach das Gericht der Kundin allerdings nur 2.000 Euro statt 3.000 Euro zu.

Zugunsten der DKB berücksichtigte das Gericht, dass Mitarbeitende der Bank sich telefonisch zwischenzeitlich bei der Betroffenen entschuldigt hatten.

Zulasten der Bank wertete das Gericht den Umstand, dass die Bank die Klägerin auch nach Übersendung des Musterformulars noch vier Monate lang mit der männlichen Anrede adressierte. Zudem sei für die Betroffene besonders belastend, dass die falsche Anrede "der Öffentlichkeit zugänglich gemacht" worden sei, weil der falsche Name weiterhin auf den Bankkarten vermerkt gewesen sei. Auch die schriftsätzliche Kommunikation des Prozessbevollmächtigten der DKB wertete das Gericht entschädigungserhöhend. Diese habe "insgesamt die gebotene Sensibilität vermissen" lassen. Immer wieder sei die Änderung des Geschlechtseintrags und des Vornamens in den Schreiben als "Geschlechtsumwandlung" bezeichnet worden.

Rechtslage unter dem Selbstbestimmungsgesetz künftig klarer?

"Wir begrüßen die in der Sache eindeutige Entscheidung, wenn auch die Höhe der Entschädigung angesichts der hartnäckigen Weigerung, der mehrfachen falschen Anrede und der praktischen Folge, dass die Klägerin über mehrere Tage nicht auf ihr Depot zurückgreifen konnte, hätte höher ausfallen können", sagt Rechtswanwalt Dr. Benjamin Lück von der Berliner Kanzlei KM8 zu LTO. Er hat die Kundin in dem Verfahren vertreten. Sie selbst zeigte sich "froh und dankbar", dass das Gericht aufgrund der gerichtlich anerkannten Änderung des Geschlechtseintrags nach dem TSG eine klare Schlechterstellung in einem wichtigen Alltagsbereich verhindert habe.

Die DKB, im Verfahren vertreten von der Kanzlei Paust Günther Heinze, betont gegenüber LTO: "Wir bedauern sehr, dass es in diesem Fall zu einer Verletzung der Rechte der Kundin gekommen ist. Vielfalt, Gleichbehandlung und der respektvolle Umgang mit allen Menschen sind zentrale Werte unseres Unternehmens." Das Urteil nehme man sehr ernst, auch wenn die Wertung des Gerichts zweifelhaft sei, ob das AGG in jedem Fall Vorrang vor den Anforderungen des GwG zur Identitätsprüfung haben könne. 

Da die Bank ihre Prozesse nun an den mit dem neuen SBGG "klarer gefassten" Vorgaben ausrichte, sei die Einlegung eines Rechtsmittels in diesem Fall derzeit nicht geplant. Das SBGG gewährt Personen nach Änderung des Geschlechtseintrags gegen öffentliche und private Stellen einen Anspruch auf Änderung bzw. Neuaustellung von Unterlagen, § 10 Abs. 2, 3 SBGG. Der Anspruch umfasst nach Abs. 2 Nr. 6 explizit auch Zahlungskarten, steht allerdings unter der Einschränkung, dass die betroffene Person ein "berechtigtes Interesse" an der Umschreibung glaubhaft machen kann. Abschließend geklärt ist das Verhältnis zwischen den Persönlichkeitsrechten Betroffener und den Regeln zur Geldwäscheprävention damit wohl auch künftig nicht.

Beteiligte Kanzleien

Zitiervorschlag

Namensänderung verzögert, falsche Anrede benutzt: . In: Legal Tribune Online, 19.06.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/57436 (abgerufen am: 14.11.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen