AfD-Politiker Petr Bystron wird wegen Verwendung von NS-Kennzeichen verurteilt. Er hatte eine Montage von Angela Merkel und Bettina Wulff mit durchgestrecktem Arm gepostet. Die Rechtsprechung kennt bei solchen Provokationen wenig Gnade.
Wegen der Verbreitung einer Fotomontage in sozialen Medien hat das Amtsgericht (AG) München den AfD-Politiker Petr Bystron zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Europaabgeordnete muss 90 Tagessätze zu je 125 Euro, also insgesamt 11.250 Euro, zahlen. Die Montage stellt nach Auffassung des Gerichts einen Hitlergruß dar, verurteilt wurde Bystron daher wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gemäß §§ 86, 86a Strafgesetzbuch (StGB).
Danach ist das Verbreiten von NS-Symbolen, -Gesten und -Parolen strikt tabu. Es steht nicht nur unter Strafe, eine solche Geste eigenhändig durchzuführen; auch das Weiterverbreiten eines Abbildes der Geste ist verboten. Ausnahmen von der Strafbarkeit gelten nur in begrenzten Fällen wie der staatsbürgerlichen Aufklärung, für die Presse oder bei erkennbar satirischer Verwendung. Diese Ausnahmen wenden die Strafgerichte aber eng an.
Verbreitet hatte Bystron die Montage 2022 auf seinem Twitter-Konto. Zu sehen waren unter anderem Ex-Kanzlerin Angela Merkel und Bettina Wulff, die Frau des ehemaligen Bundespräsidenten, mit erhobenem Arm und ausgestreckter Hand. Die entscheidende Richterin hielt es für erwiesen, dass Bystron mit der Darstellung den Hitlergruß verbreitet habe, "insbesondere durch die Zusammensetzung der Fotos", so die Richterin am Freitag zur Begründung.
Verteidiger legt Stern-Cover vor
Bystron hatte die Collage anlässlich der Entlassung des damaligen ukrainischen Botschafters in Deutschland, Andrij Melnyk, geteilt – mit der Bildunterschrift: "Bye, bye Melnyk! Deutsche Politiker winken zum Abschied!"
Dass der AfD-Politiker den Post selbst verfasst hatte, räumte sein Verteidiger Peter Solloch während der Verhandlung am Freitagmorgen ein. Er sprach aber von einem Verfahren mit "politischem Hintergrund", bei dem es immer mehr auf die Person ankomme, die den rechten Arm ausstrecke, als auf die Geste selbst. Zur Beweisführung hatte der Anwalt Aufnahmen anderer politisch aktiver Menschen mitgebracht, auf denen diese einen Arm heben.
Darunter waren ein Cover des Nachrichtenmagazins Stern von 2017, das eine computergenerierte Abbildung von Donald Trump mit einem Hitlergruß zeigt, sowie ein Foto des durchgestreckten rechten Arms von Elon Musk bei Trumps Amtseinführung. Auch dies wird von vielen als bewusst provozierender Hitlergruß gewertet.
Rechtsprechung ist streng
Derlei Reproduktion von NS-Symbolen kann unter die in § 86 Abs. 4 StGB genannten Ausnahmen für staatsbürgerliche Aufklärung, Kunst, Wissenschaft oder Presseberichterstattung fallen. Zudem nimmt die Rechtsprechung einen ungeschriebenen Tatbestandsausschluss für Fälle an, in denen der Schutzzweck der Vorschrift nicht berührt ist, weil durch die Äußerung oder Geste kein Widererstarken der NS-Symbolik droht.
Alle diese Ausnahmen werden jedoch restriktiv gehandhabt. Wer nicht Presse ist oder sich einer anerkannten Kunstform bedient – wie etwa bei den Mottowagen auf dem Karnevalsumzug –, läuft Gefahr, sich strafbar zu machen. Dass der Äußernde nur provozieren oder Kritik an Regierungshandeln üben will, reicht allein nicht für einen Ausschluss der Strafbarkeit. Die Äußerung selbst muss eindeutig eine ablehnende Haltung zur NS-Ideologie erkennen lassen.
So hatte etwa das Kammergericht im vergangenen Jahr einen Kritiker von Corona-Maßnahmen für die Montage eines Hakenkreuzes auf einer Mund-Nasen-Bedeckung schuldig gesprochen. In einem anderen Fall projizierten Aktivisten des Zentrums für Politische Schönheit die Hitlergruß-Geste von Elon Musk auf die Außenwand der brandenburgischen Tesla-Fabrik. Nach Auffassung des Frankfurter Strafrechtsprofessors Matthias Jahn ist auch hier, trotz erkennbar aufklärerischer Intention, eine Strafbarkeit nach § 86a StGB denkbar. "Die Strafjustiz wird zum Akteur, der übers Stöckchen springt", sagte Jahn zu LTO, aufgrund der geltenden strengen Maßstäbe bleibe ihr aber oft nichts anderes übrig. Auch in dem Fall war Strafanzeige erstattet worden.
Bystron erscheint nicht zur Verhandlung
Bystron selbst hatte sich im Vorfeld der Verhandlung verwundert gezeigt, dass sich die Justiz für "solche parteipolitischen Spielchen instrumentalisieren lässt". Das Verfahren habe dazu gedient, ihn im Europawahlkampf zu "diskreditieren". Vor Gericht erschien er am Freitag nicht, sondern ließ sich von seinem Verteidiger mit einer speziellen Vollmacht vertreten. Der Grund dafür blieb zunächst unklar.
Mit dem Urteil blieb das Gericht etwas hinter der Forderung der Staatsanwaltschaft zurück. Diese hatte eine Geldstrafe von 110 Tagessätzen gefordert, damit wäre die Vorstrafe im Führungszeugnis aufgetaucht. Mit 90 Tagessätzen blieb das Gericht genau unter der Schwelle, die dafür erreicht werden müsste.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Bystron und sein Verteidiger haben eine Woche Zeit, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen.
mk/LTO-Redaktion
mit Material der dpa
11.250 Euro Geldstrafe: . In: Legal Tribune Online, 17.10.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/58411 (abgerufen am: 07.11.2025 )
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