Nachdem zunächst nur die "Junge Alternative" und Nachfolgegruppen des rechtsnationalen "Flügels" beobachtet wurden, teilte das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz mit, dass nun die Gesamtpartei der bayerischen AfD beobachtet werde.
Die AfD wird nun auch in Bayern als Gesamtpartei vom bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet, teilte ein Sprecher des Innenministeriums am Mittwoch mit. "Das dient der Aufklärung, inwieweit in der AfD als Gesamtpartei Bestrebungen vorliegen, die den Kernbestand des Grundgesetzes zu beeinträchtigen oder zu beseitigen versuchen", erklärte der Sprecher des Innenministeriums. Die Mitglieder der AfD-Landtagsfraktion stünden allerdings nicht unter Beobachtung. Denn die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Anforderungen an die Beobachtung von Abgeordneten seien bislang nicht erfüllt.
Zunächst nur Teile der AfD beobachtet
Vom Bundesamt für Verfassungsschutz und auch von einzelnen Länder-Behörden wird die AfD bereits als Verdachtsfall geführt. Eine Klage der AfD gegen die Einstufung durch das Bundesamt wurde in erster Instanz zugunsten des Verfassungsschutzes entschieden, die Partei hat Berufung eingelegt.
Die Thüringer AfD wird vom dortigen Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistische Bestrebung beobachtet. In Bayern waren bislang nur die Nachwuchsorganisation der AfD, die "Junge Alternative", sowie etwaige Nachfolgeaktivitäten des offiziell aufgelösten rechtsnationalen "Flügels" beobachtet worden.
Ein Sprecher des bayerischen Verfassungsschutzes erklärte zur Überwachung der gesamten Partei, dass es sich um einem Zusammenschluss handle, bei dem "hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für extremistische Bestrebungen" vorlägen. Dem Landesamt stünden in solch einem Fall "grundsätzlich alle gesetzlich vorgesehenen nachrichtendienstlichen Mittel zur Verfügung", wie sie gemäß einer Bundesverfassungsgerichtsentscheidung sowie nach dem bayerischen Verfassungsschutzgesetz zulässig seien. Dazu zählen etwa V-Leute, Observationen oder Telefonüberwachungen.
AfD nicht als erwiesen extremistisch eingestuft
Einschränkend betonte er aber: "Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit ist zu berücksichtigen, dass die AfD noch nicht als erwiesen extremistisch eingestuft ist." Daher sind nicht alle möglichen Maßnahmen zur Beobachtung jederzeit erlaubt.
Die AfD teilte mit, der Landesvorstand sei auf diesen Fall bereits umfassend vorbereitet und stehe diesbezüglich bereits seit Jahresbeginn mit seinen Rechtsanwälten in Verbindung. "Es handelt sich hier eindeutig um eine politisch motivierte Beobachtung", sagte der Landesvorsitzende Stephan Protschka. Die CSU versuche, "den Verfassungsschutz als eine Art Inlandsgeheimdienst gegen uns einzusetzen". Gemeinsam mit den Anwälten werde man den Bericht des Landesamts für Verfassungsschutz genau studieren und die notwendigen rechtlichen Schritte dagegen einleiten, kündigte Protschka umgehend an. Es werde der CSU nicht gelingen, die AfD "mundtot zu machen".
Beobachtung der bayerischen AfD "absolut richtig"
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nannte die Beobachtung der bayerischen AfD durch den Verfassungsschutz "absolut richtig". Das sei eine Entscheidung der zuständigen Behörde, die politisch unabhängig nach der Gefährdungslage agiere. "Wenn diese Entscheidung gefällt wird, halte ich Sie für absolut richtig. Die AfD nimmt eine Tendenz weit hinaus aus dem demokratischen Spektrum. Sie wird von Monat zu Monat rechter, radikaler und aggressiver", sagte der CSU-Chef. "Ich glaube, dass die AfD in Bayern ein besonders harter, rechtsradikaler, zu Rechtsradikalität neigender Club ist."
Auch die Grünen-Fraktionschefin im bayerischen Landtag, Katharina Schulze sowie Florian Ritter, Sprecher der bayerischen SPD-Fraktion im Kampf gegen Rechtsextremismus sprachen sich für die vollständige Überwachung der AfD durch den Verfassungsschutz aus.
AfD-Landtagsfraktionschef Ulrich Singer sagte zu der Beobachtung seiner Partei: "Mit diesem Schritt zeigt die Söder-Regierung, was sie von Demokratie, Meinungsfreiheit und Pluralismus hält. Offensichtlich nicht viel, denn sonst würde sie nicht mit solchen Methoden gegen eine demokratische Oppositionspartei vorgehen." Man lasse sich jedoch nicht einschüchtern. Eine bloße Beobachtung bedeute zudem keine Kategorisierung als extremistische Partei. "Die AfD steht auf dem Boden des Grundgesetzes", sagte Singer.
dpa/ku/LTO-Redaktion
Bayerisches Landesamt für Verfassungsschutz: . In: Legal Tribune Online, 07.09.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49558 (abgerufen am: 05.10.2024 )
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