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BGH zum Gebrauchtwagenkauf: Gut­gläu­biger Erwerb bei gefälschtem Fahr­zeug­brief

23.09.2022

Ein Fahrzeugbrief

Der BGH äußert sich zur Beweislastverteilung bei (gefälschten) Fahrzeugbriefen im Rahmen des gutgläubigen Erwerbs - Examensrelevanz vorprogrammiert. Foto: FM2 - stock.adobe.com

Wer muss beim Gebrauchtwagenkauf beweisen, ob währenddessen ein gefälschter Fahrzeugbrief vorgelegt wurde? Der BGH zur Beweislast des Eigentümers und der sekundären Darlegungslast des Käufers - ein gefundenes Fressen für Prüfungsämter.

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Beruft sich ein Gebrauchtwagenkäufer auf den gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten, muss der bisherige Eigentümer beweisen, dass der Erwerber sich den Fahrzeugbrief (Zulassungsbescheinigung II) nicht hat vorlegen lassen bzw. diesen nicht geprüft hat. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden (Urt. v. 23.09.2022, Az. V ZR 148/21).

Ein italienisches Unternehmen hatte 2019 unter Einschaltung eines Vermittlers über ein deutsches Autohaus einen Gebrauchtwagen gekauft, um diesen in Italien weiterzuverkaufen. Doch das Autohaus hätte den Wagen eigentlich nicht verkaufen dürfen, da es selbst gar nicht Eigentümer war. Es hatte den Wagen nur von der damaligen Eigentümerin geleast. Der Vermittler des italienischen Unternehmens holte das Auto beim Autohaus ab und brachte es nach Italien.

Vor Gericht landete der Fall, weil das italienische Unternehmen und die beklagte Eigentümerin darüber streiten, ob dem Vermittler bei der Abholung des Fahrzeugs ein gefälschter Fahrzeugbrief vorgelegt wurde, in welchem das Autohaus als Halter eingetragen war. Nachdem das Landgericht noch völlig anders entschieden hatte, urteilte das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart zugunsten des italienischen Unternehmens, sodass die ursprüngliche Eigentümerin nicht das Fahrzeug wiederbekam, sondern den echten Fahrzeugbrief nach Italien zu schicken hatte. Das italienische Unternehmen sei nun rechtmäßig Eigentümerin des Fahrzeugs geworden.

Beweislast und sekundäre Darlegungslast gerecht verteilt

Der BGH hat die Revision der Beklagten (und damit nach der BGH-Entscheidung mittlerweile Ex-)Eigentümerin des Wagens gegen die Entscheidung des OLG Stuttgart abgewiesen. Das italienische Unternehmen sei rechtmäßig Eigentümerin des Autos geworden und könne folglich die Herausgabe des Fahrzeugbriefs verlangen (§ 985 i. V. m. § 952 analog Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Der entscheidende Aspekt für den BGH: Die beklagte Eigentümerin konnte keinen Beweis über die fehlende Gutgläubigkeit des italienischen Unternehmens erbringen.

An dieser Beweislastverteilung ändere sich auch nichts, so der BGH, wenn der Anknüpfungspunkt für fehlende Gutgläubigkeit der (ggf. gefälschte) Fahrzeugbrief ist. Denn die vermeintlich fehlende Gutgläubigkeit des italienischen Unternehmens müsse die Eigentümerin beweisen. Das italienische Unternehmen selbst müsse als Erwerberin für die Übereignung (§ 929 S. 1 BGB) nur darlegen, dass er sich den Fahrzeugbrief hat vorlegen lassen und diesen entsprechend geprüft hat (sekundäre Darlegungslast). Genau dies hatte aber das italienische Unternehmen nach Überzeugung des OLG Stuttgart hinreichend vorgetragen, woran auch letztlich der BGH revisionsrechtlich nichts zu beanstanden hatte.

Damit ist der Fall zivilrechtlich abgeschlossen, gleichzeitig läuft noch ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer des zwischenzeitlich geschlossenen Autohauses wegen Betrugsverdachts in über 100 Fällen.

jb/LTO-Redaktion

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BGH zum Gebrauchtwagenkauf: . In: Legal Tribune Online, 23.09.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49720 (abgerufen am: 13.06.2025 )

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