VGH Mannheim zum Aufenthaltsrecht: Abschie­bung von tür­kisch-afg­ha­ni­schem Migranten gestoppt

23.02.2017

In letzter Minute verhinderte der VGH die Abschiebung eines türkisch-afghanischen Migranten. Aus seiner familiären Bindung folge für ihn ein Duldungsrecht; soweit eine Abschiebung möglich sei, müsse diese zudem in die Türkei erfolgen.

Am Mittwochabend startete ein Flugzeug mit 18 ausreisepflichtigen Migranten von München in Richtung Kabul, Afghanistan. Die Maßnahme wurde von heftiger Kritik begleitet, weil die Sicherheitslage in dem Land als prekär gilt. An Bord der Maschine hätte eigentlich auch ein türkisch-afghanischer Staatsangehöriger aus Baden-Württemberg sein sollen. Dessen Abschiebung wurde vom Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg allerdings noch in letzter Minute gestoppt (Beschl. v. 22.02.2017, Az. 11 S 468/17).

Der Mann ist im Besitz der türkischen und der afghanischen Staatsangehörigkeit. Er reiste im Herbst 2000 in die Bundesrepublik Deutschland ein und betrieb erfolglos ein Asylverfahren. Eine Klage gegen die Ablehnung seines Asylfolgeantrags ist derzeit noch beim Verwaltungsgericht (VG) Karlsruhe anhängig.

Gemeinsam mit einer türkischen Staatsangehörigen hat der Mann zwei minderjährige Kinder, die ebenfalls türkische Staatsangehörige sind. Der 14-jährige Sohn ist schwerbehindert. Weder die Mutter noch die Kinder sind im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland.

VGH: Trennungzeit von den Kinder nicht dargelegt

Die Klage des Mannes gegen seine Abschiebung hatte das VG Karlsruhe am Dienstag noch abgelehnt; der VGH Mannheim änderte diese Entscheidung jedoch am Mittwoch ab und untersagte dem Regierungspräsidium Karlsruhe die Abschiebung vorläufig.

Nach Auffassung des VGH folgt für den Migranten aus dem Grundrecht auf Schutz von Ehe und Familie aus Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) ein Duldungsgrund (§ 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Bei einer Abschiebung nach Afghanistan wäre angesichts der aktuellen gerichtsbekannten Lage dort sorgfältig zu prüfen gewesen, für welche voraussichtliche Dauer der Mann von seinen Kindern getrennt sein würde. Die Notwendigkeit einer solchen Prüfung folge aus der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Außerdem hätten Gründe von hinreichendem Gewicht angeführt werden müssen, warum die Abschiebung gerade zum jetzigen Zeitpunkt und gerade nach Afghanistan – und nicht etwa in die Türkei – durchgeführt werde. Eine solche Darlegung sei nicht erkennbar. Allein die Tatsache, dass der Antragsteller derzeit nicht über einen gültigen türkischen Reisepass verfüge, genüge als Rechtfertigung nicht, so die Richter.

mgö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

VGH Mannheim zum Aufenthaltsrecht: . In: Legal Tribune Online, 23.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22196 (abgerufen am: 06.12.2024 )

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