Trotz Schwerbehinderung haben Abgeordnete keinen Anspruch auf eine behinderungsbedingte Arbeitsassistenz von der Bundesagentur für Arbeit. Das gilt auch dann, wenn diese ganz klar Hilfe benötigen, so das LSG Celle.
Auch wenn unstreitig ist, dass Hilfe benötigt wird, haben schwerbehinderte Abgeordnete keinen Anspruch auf eine Arbeitsassistenz von der Bundesagentur für Arbeit (BA). Das hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen entschieden (Beschl. v. 03.01.2024, Az. L 11 AL 67/23 B ER).
Hintergrund dieser Entscheidung ist die Beschwerde eines schwerbehinderten Abgeordneten der bremischen Bürgerschaft, der auf einen Rollstuhl angewiesen ist und einen Grad der Behinderung (GdB) von 100 hat. Zuvor war der Mann in einem privaten Verein angestellt gewesen und hatte für seine dortige Tätigkeit eine Arbeitsassistenz von der BA gestellt bekommen.
Als er nun aber Abgeordneter wurde und sein altes Arbeitsverhältnis nicht fortführte, strich ihm die BA die Arbeitsassistenz. Der Mann stellte daraufhin einen neuen Antrag auf die Kostenübernahme für eine Arbeitsassistenz – jedoch vergeblich. In der Folge widersprach er nicht nur dem ablehnenden Bescheid, sondern stellte auch einen Antrag auf Erlass einer einstwilligen Anordnung, über den das LSG nun zu entscheiden hatte.
Abgeordnete gehen keinem typischen Beruf nach
Tatsächlich ist der in diesem Fall den Antrag stellende Abgeordnete auf Hilfe angewiesen, das bestreiten weder die BA noch das SG oder das LSG. Das Problem des Falls sehen die Gerichte aber woanders: Die Tätigkeit des Abgeordneten sei aufgrund der statusrechtlichen Besonderheiten nicht als Arbeits- oder Berufstätigkeit zu qualifizieren, so nun auch das LSG. Weder bekomme ein Abgeordneter Arbeitseinkommen noch schulde er einen Dienst.
Abgeordnete würden vielmehr nur auf das Vertrauen der Wähler hin berufen. Zu Arbeitnehmern oder Berufstätigen mache sie das aber gerade nicht, schon gar nicht im Sinne des einschlägigen § 49 Abs. 3 Nr. 7 SGB IX. Wird man Abgeordneter des Bundestages, so werde das Berufsleben erst einmal unterbrochen, stellt das LSG klar. Dann gehe es auch nicht mehr um "Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben", wie sie § 49 SGB IX regelt.
So hatte der Mann mit seinem Antrag auf einstweilige Anordnung keinen Erfolg. Im Hinblick darauf wird sein Widerspruch gegen die Ablehnung der Kostenübernahme wohl auch zu keinem anderen Ergebnis führen.
xp/LTO-Redaktion
LSG Niedersachsen-Bremen: . In: Legal Tribune Online, 16.01.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53634 (abgerufen am: 06.12.2024 )
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