Druckversion
Sonntag, 11.05.2025, 04:06 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/8azr37020-bundesarbeitsgericht-bag-teilzeitbeschaeftigte-ueberstundenzuschlaege-diskriminierung
Fenster schließen
Artikel drucken
56045

BAG entscheidet nach EuGH-Urteil: Teil­zeitler bekommen Zuschläge ab der ersten Über­stunde

05.12.2024

Bundesarbeitsgericht

Wer in Teilzeit länger arbeitet, darf bei Überstundenregelungen nicht benachteiligt werden, entschied das BAG. Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Martin Schutt
 

Teilzeitkräfte haben denselben Anspruch auf Überstundenzuschläge wie Vollzeitbeschäftigte – das hat das BAG entschieden. Gelten soll das schon ab der ersten Überstunde.

Anzeige

Teilzeitbeschäftigte haben ab der ersten Überstunde denselben Anspruch auf Zuschläge wie ihre vollzeitbeschäftigten Kollegen. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am Donnerstag entschieden. Eine Ausnahme ist nur dann zulässig, wenn sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen (Urt. v. 05.12.2024, Az. 8 AZR 370/20).

Im konkreten Fall ging es um eine Pflegekraft, die bei einem ambulanten Dialyseanbieter in Hessen in Teilzeit arbeitete. Der Tarifvertrag des Unternehmens sah einen Zuschlag von 30 Prozent für Überstunden vor – allerdings erst dann, wenn die reguläre Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten überschritten wurde. Die klagende Frau, die 40 Prozent einer Vollzeitstelle abdeckte, erhielt daher weder einen Zuschlag noch eine Zeitgutschrift für rund 129 geleistete Überstunden. Sie argumentierte, dass diese Regelung sie benachteilige – sowohl als Teilzeitkraft als auch als Frau, da der Großteil der Teilzeitbeschäftigten im Unternehmen weiblich war.

Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot

Das BAG stellte klar, dass tarifliche Regelungen, die Teilzeitbeschäftigte nur dann für Überstunden entschädigen, wenn diese die Arbeitszeit von Vollzeitkräften überschreiten, gegen das Diskriminierungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verstoßen. Eine unterschiedliche Behandlung ist laut Ansicht des Gerichts nur dann zulässig, sofern sachliche Gründe vorliegen, die sie rechtfertigen. Im vorliegenden Fall konnte jedoch keine solche Begründung gefunden werden, so die Richter.

Darüber hinaus entschieden die Bundesarbeitsrichter, dass bei Fehlen sachlicher Gründe für die bisherige Zuschlagsregelung auch regelmäßig ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorliegt. Insbesondere wenn innerhalb der betroffenen Gruppe der Teilzeitbeschäftigten erheblich mehr Frauen als Männer vertreten sind, stellten sie eine "mittelbare Benachteiligung wegen des (weiblichen) Geschlechts" fest.

Die klagende Frau, deren Fall auch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) beschäftigte, erhielt die von ihr geforderte Zeitgutschrift auf dem Arbeitszeitkonto sowie eine Entschädigung von 250 Euro aufgrund ihrer Benachteiligung als Frau. Ursprünglich hatte sie eine Entschädigung in Höhe eines Vierteljahresverdienstes – rund 4.500 Euro – gefordert.

xp/LTO-Redaktion

mit Material von dpa

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

BAG entscheidet nach EuGH-Urteil: . In: Legal Tribune Online, 05.12.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56045 (abgerufen am: 14.05.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Arbeitsrecht
    • Arbeitszeit
    • Bundesarbeitsgericht (BAG)
  • Gerichte
    • Bundesarbeitsgericht (BAG)
Personalverwaltungssoftware "Workday" 08.05.2025
Datenschutz

BAG zu DSGVO-Verletzung nach Betriebsvereinbarung:

Scha­dens­er­satz nach Kon­troll­ver­lust von Daten über "Workday"

Ein Unternehmen nutzt Echtdaten, um eine neue Software zu testen – und übermittelt dabei deutlich mehr Informationen als vereinbart. Das Bundesarbeitsgericht stellt klar: Betriebsvereinbarungen sind kein Persilschein für Datenschutzverstöße.

Artikel lesen
Eine nachdenkliche Person betrachtet Dokumente, was die Ernsthaftigkeit von DSGVO-Schadenersatzansprüchen verdeutlicht. 05.05.2025
Hintergründe

BAG zu Schadensersatz nach DSGVO:

Sch­lechte Gefühls­lage reicht nicht

Neben Entschädigungsansprüchen nach dem AGG gibt es den Trend, etwa nach (provoziert) erfolglosen Bewerbungen oder Kündigungen Schadensersatz nach der DSGVO zu fordern. Wieder einmal richtet es das BAG.

Artikel lesen
Albert Kesselring (1953) 01.05.2025
Rechtsgeschichte

Protest gegen den "Stahlhelm" in Betriebsversammlung:

Legitime Ein­mi­schung oder Störung des Betriebs­frie­dens?

Am 4. Mai 1955 bestätigte das Bundesarbeitsgericht den Ausschluss von drei Betriebsratsmitgliedern einer Bremer Werft. Vorgeworfen wurde ihnen, durch eine politische Resolution unzulässig Unruhe in den Betrieb getragen zu haben.

Artikel lesen
Bürogebäude am späten Abend. 14.04.2025
Politik

Koalitionsvertrag zu Arbeitszeit, Mindestlohn und Tariftreue:

Das soll sich im Arbeits­recht alles ändern

Von der elektronischen Zeiterfassung bis zur steuerfreien Mehrarbeit: Der Koalitionsvertrag bringt neue Impulse für das Arbeitsrecht. Was auf Arbeitgeber, Beschäftigte und Juristen jetzt zukommt, erklärt Marijke van der Most.

Artikel lesen
Frau hält Schwangerschaftstest in der Hand (Symbolbild) 07.04.2025
Mutterschutz

BAG zum Fristablauf von Kündigungsschutzklagen:

Posi­tiver Test reicht für Fest­stel­lung der Schwan­ger­schaft nicht aus

Eine Frau ist unbemerkt schwanger, als ihr gekündigt wird. Als ihr Arzt die Schwangerschaft bestätigt, ist die Frist für eine Kündigungsschutzklage verstrichen. In diesen Fällen ist die Klage aber nachträglich zulässig, meint nun das BAG.

Artikel lesen
VW 20.03.2025
Betriebsrat

LAG muss erneut entscheiden:

Streit um Ver­gü­tung von VW-Betriebs­räten geht weiter

Seit Jahren sorgt die Höhe der Betriebsratsvergütungen im Volkswagen-Konzern für Verfahren vor den Arbeits- und Strafgerichten. Nun hat das Bundesarbeitsgericht erstmals entschieden. Der Fall geht damit zurück zur Vorinstanz.

Artikel lesen
logo lto karriere
TopJOBS
Logo von Dentons
Rechts­an­walt (m/w/d) Ar­beits­recht

Dentons , Ber­lin

Logo von Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern
Re­fe­ren­da­re | Ar­beits­recht | Mün­chen

Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern , Mün­chen

Logo von HEUKING
Ar­beits­recht - Rechts­an­wäl­te w/m/d mit ers­ter Be­ruf­s­er­fah­rung oder...

HEUKING , Ham­burg

Logo von Osborne Clarke
Wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter / Re­fe­ren­dar (w/m/d) Ar­beits­recht

Osborne Clarke , Köln

Logo von DLA Piper UK LLP
Prak­ti­kant (m/w/d) im Rah­men der Sum­mer School 2025 Ham­burg

DLA Piper UK LLP , Ham­burg

Logo von Loschelder Rechtsanwälte
Rechts­an­walt (m/w/d) im Ar­beits­recht

Loschelder Rechtsanwälte , Köln

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Frank­furt (Oder)

Logo von Mathias-Stiftung Rheine
Voll­ju­rist:in mit Schwer­punkt Ar­beits­recht als Per­so­nal­di­rek­tor...

Mathias-Stiftung Rheine , Rhei­ne

Mehr Stellenanzeigen
logo lto events
Karriere als Notar:in - Workshop der Bundesnotarkammer und der Notarkammer Koblenz

22.05.2025, Koblenz

Gesellschaftsrechtliche Gestaltung von Familienunternehmen

14.05.2025

Intensiv-Webinar zur RVG-Reform 2025: Richtig Ab- und Anrechnen in der Praxis

15.05.2025

Intensiv-Webinar zur RVG-Reform 2025: Richtig Ab- und Anrechnen in der Praxis

15.05.2025

Vermögensverwaltende Personengesellschaften

15.05.2025

Mehr Events
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH