Der frühere Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs muss sich erneut einem Prozess stellen. Der BGH hat das erste Urteil gegen den Kommunalpolitiker aus dem Jahr 2019 teilweise aufgehoben.
Der erste Korruptionsprozess um den früheren Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs muss in Teilen neu aufgerollt werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das erste Urteil des Landgerichts (LG) Regensburg aus dem Jahr 2019 teilweise aufgehoben (Urt. v. 04.11.2021, Az. 6 StR 12/20). Der 6. Strafsenat in Leipzig folgte damit weitgehend den Ausführungen der Vertreterin des Generalbundesanwalts. Diese hatte die Aufhebung bezüglich mehrerer Teil-Freisprüche gefordert und das Urteil insgesamt als zu milde bemängelt. Die Revisionen gegen das zweite Urteil von 2020 blieben hingegen ohne Erfolg.
Es ging in dem Prozess vor dem LG Regensburg um eine mögliche Vorteilsnahme und einen möglichen Verstoß Wolbergs gegen das Parteiengesetz. So stand unter anderem die Frage im Raum, ob Spenden des vor dem LG mitangeklagten Bauunternehmers Volker Tretzel an die SPD im Kommunalwahlkampf 2014 und an den Fußballverein SSV Jahn Regensburg bei der Vergabe eines Bauprojektes an Tretzels Firma eine Rolle spielten.
Die Verteidigung hatte die Aufhebung der Urteile und jeweils einen Freispruch für seinen Mandanten gefordert. Wolbergs selbst sagte: "Der Vorwurf von Korruption und Bestechlichkeit ist für mich Wahnsinn" und "Beide Urteile sind für mich eine Katastrophe."
Hatte Wolbergs doch eine Zuständigkeit für Baufragen?
Beim ersten Urteil gegen den Kommunalpolitiker vom Juli 2019 hatte die Staatsanwaltschaft kritisiert, dass das LG zwischen Parteispenden unterscheide, die vor und während Wolbergs Amtszeit als Oberbürgermeister geflossen sind. Denn: Auch wenn Wolbergs in den Jahren 2011 bis 2014 noch dritter Bürgermeister und als solcher mit Sozialthemen befasst gewesen war, habe er dennoch gelegentlich den damaligen Oberbürgermeister vertreten. Insofern habe zwar keine konkrete, aber eine abstrakte Zuständigkeit Wolbergs für Baufragen bestanden. Hierzu führte der BGH aus, dass das LG nicht ausreichend berücksichtigt habe, dass sich Wolbergs auch als dritter Bürgermeister bereits in einer gehobenen Pflichtposition befunden habe. Die Freisprüche des Landgerichtes seien deswegen bezüglich der Parteispenden an den SPD-Ortsverein zwischen 2011 und 2014 sowie gewährter Vergünstigungen aufzuheben.
Weiterhin hat die Straffreiheit für Wolbergs nach § 60 Strafgesetzbuch (StGB; Absehen von Strafe) nun ebenfalls keinen Bestand. Der grundlegende Gedanke des § 60 StGB sei, dass ein Täter durch die Folgen seiner Tat schon genug gestraft sein könnte, so der BGH. Er folgte dagegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft, die dazu meinte, dass - auch wenn man die besonderen Belastungen für Wolbergs nicht verkenne - die Folgen für ihn jedoch nicht so schwerwiegend seien, als dass die Straffreiheit gerechtfertigt wäre. Denn Wolbergs habe ja durchaus noch berufliche Perspektiven und sitze wieder im Stadtrat, so die Staatsanwaltschaft.
Die Verteidigung hatte auch noch auf eine unverhältnismäßige Untersuchungshaft verwiesen. Diese wurde damals mit Verdunkelungsgefahr begründet, allerdings hätten sich sämtliche Aspekte hierzu während der Beweisaufnahme zerschlagen. Belastend sei auch die enorme Berichterstattung. Der Senat des BGH führte hierzu aus, die mediale Begleitung sei bei einem Oberbürgemeister eine "typische Tatfolge".
Nach dpa-Informationen wurde der Fall nicht an das LG Regensburg zurückverwiesen, sondern an eine Wirtschaftsstrafkammer des LG München I.
dpa/jb/LTO-Redaktion
Parteispendenverfahren um Regensburger Ex-OB: . In: Legal Tribune Online, 05.11.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46568 (abgerufen am: 08.10.2024 )
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