LAG Köln zum Weisungsrecht: Arbeit­geber streicht Home­of­fice und ver­setzt Mit­ar­beiter 500 Kilo­meter weit weg

10.12.2024

Der Arbeitgeber hat ein grundsätzliches Weisungsrecht. Dass im Einzelfall aber Billigkeitsgründe eine Rolle spielen, hat das LAG Köln nun klargestellt. Es müsse gut begründet werden, wenn das Homeoffice nach langer Zeit gestrichen wird.

Wenn ein Betriebsstandort geschlossen wird, ist es seitens des Arbeitgebers unbillig, einen Arbeitnehmer unter Widerruf seiner Homeoffice-Erlaubnis an einen 500 Kilometer entfernten neuen Standort zu versetzen. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln entschieden (Urt. v. 11.07.2024, Az. 6 Sa 579/23).

Der Fall spielt in der Automobilbranche. Der betroffene Arbeitnehmer war im Einverständnis mit dem Arbeitgeber circa 80 Prozent seiner Arbeitszeit aus dem Homeoffice heraus tätig gewesen. In seinem Arbeitsvertrag gab es jedoch eine Klausel, wonach sich sein Einsatzort projektabhängig auf ganz Deutschland erstrecken kann. Im Zuge der Schließung des Heimatstandorts des Projektmanagers widerrief sein Arbeitgeber die Homeoffice-Erlaubnis und versetzte ihn an einen anderen Standort 500 Kilometer entfernt, hilfsweise sprach der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aus.

Konkret teilte der Arbeitgeber dem Projektmanager Ende März 2023 mit, er müsse schon ab dem 1. Mai in der neuen Stadt arbeiten. Dies lehnte er ab, da schon die Wohnungssuche in diesem Zeitraum praktisch unmöglich sei. Der Projektmanager erhob daraufhin Kündigungsschutzklage.

Homeoffice-Widerruf muss sachlich begründet sein

Nach der Entscheidung des LAG Köln sind sowohl die Versetzung als auch die hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung unwirksam. Die Versetzung insgesamt sei unwirksam, "weil sie die nach § 106 Gewerbeordnung (GewO) zu beachtende Grenze billigen Ermessens nicht einhält", so der Senat. Zwar gibt § 106 GewO dem Arbeitgeber ein Weisungsrecht, mit dem dieser grundsätzlich auch einseitig konkretisieren kann, wann, wo und wie der Arbeitnehmer zu arbeiten hat. Auf den Willen des Arbeitnehmers kommt es dabei nicht an.

Hier liegt der Fall aber anders, so das LAG. Um nämlich eine Versetzung aus dem Homeoffice von einem Ort, wo der Kläger "familiär, logistisch, im Freundeskreis und in der Kultur verortet" ist, in ein 500 Kilometer entferntes Büro zu rechtfertigen, brauche es "überwiegende sachliche Interessen auf Arbeitgeberseite". Das war der Maßstab, nach dem das Gericht seine Entscheidung traf.

Bei seiner Prüfung kommt das LAG in diesem Fall zum Ergebnis, dass die Versetzung des klagenden Arbeitnehmers infolge der Betriebsschließung grundsätzlich zwar aus einem dringenden betrieblichen Erfordernis heraus erfolge. Das gelte aber nicht, so der Senat weiter, für den damit verbundenen Widerruf der Homeoffice-Erlaubnis. Der Arbeitgeber habe insoweit "keine sachbezogenen Interessen vorgebracht".

Die Unwirksamkeit der Änderungskündigung ergebe sich hier aus § 1 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG), denn sie sei "nicht durch dringende, betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG bedingt", so das LAG Köln abschließend.

jb/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

LAG Köln zum Weisungsrecht: . In: Legal Tribune Online, 10.12.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56075 (abgerufen am: 14.01.2025 )

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