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OLG zu Prüfpflichten für Amazon: Sojadrink statt Soja­milch!

17.01.2024

Webbrowser Amazon auf einem Laptop geöffnet

Wie weit reichen Prüfpflichten für große Online-Konzerne wie Amazon? Eine Grundsatzfrage, die auch bald den BGH beschäftigen könnte. Foto: stock.adobe/michelangeloop

Amazon haftet und hat weitreichende Prüfpflichten, wenn Händler auf seiner Plattform beharrlich falsche Angaben machen, so das OLG Frankfurt. Weil diese Frage sehr bedeutend für alle Online-Riesen ist, ist Revision zum BGH zugelassen.

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Marktplatzbetreiber Amazon hat eine Prüf- und Beseitigungspflicht bei Verstößen gegen den EU-Bezeichnungsschutz für Milchprodukte, wenn bereits zuvor im Wege des "Notice and take down"-Verfahrens entsprechende andere konkrete Verstöße bekannt gemacht wurden. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main entschieden (Urt. v. 21.12.2023, Az. 6 U 154/22).

Der Fall ist spannend, weil das Gericht konkretisiert, inwiefern Amazon dafür haftet, wenn Händler auf seiner Plattform immer wieder regelwidrig falsche Begriffe verwenden. Laut dem OLG haftet der Online-Riese dafür, dass ein Händler auf seiner Plattform beharrlich und regelwidrig den Ausdruck "Sojamilch" statt "Sojadrink" verwendet.

Hintergrund der Entscheidung ist eine Klage der Wettbewerbszentrale. Diese hat bemängelt, dass Bezeichnungen wie "Sojamilch", "Hafermilch" und "Reismlich" in mehreren Angeboten auf Amazon aufgetaucht sind. Der Wortbestandteil "Milch" hätte dort nach Auffassung der Wettbewerbshüter wegen des EU-Bezeichnungsschutzes für Milchprodukte aber gar nicht stehen dürfen, sondern nur eine alternative Bezeichnung wie etwa "Drink". Amazon hatte die entsprechenden Angebote daraufhin nach dem Notice-and-take-down-Prinzip entfernt, weiterhin aber nichts unternommen – und genau darin liegt der Knackpunkt dieses Falls.

Amazon muss auch weitere Angebote auf Verstoß hin prüfen

Trotz weiterer Hinweise der Wettbewerbszentrale sind beharrlich immer neue Angebote auf Amazon erschienen, die vegane Milchersatzprodukte als "Milch" bezeichnet haben. Daraufhin hat die Wettbewerbszentrale Amazon abgemahnt. Eine entsprechende Unterlassungserklärung hat Amazon aber nicht abgeben wollen, weswegen die Wettbewerbszentrale letztlich klagte.

Das OLG hat die Rechtsauffassung der Wettbewerbszentrale nun weitestgehend bestätigt. So bestehe die Prüf- und Erfolgsabwendungspflicht des Marktplatzbetreibers nicht nur bei jugendgefährdenden, volksverhetzenden oder gewaltverherrlichenden Inhalten, sondern auch bei Verstößen gegen formale Marktverhaltensregeln, wie hier dem EU-Bezeichnungsschutz für Milchprodukte. Damit habe Amazon seine wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflichten verletzt, in diesem Fall diejenige aus § 3a Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Demnach begeht einen Rechtsbruch, wer sich nicht an gesetzliche Vorschriften hält, die das Marktverhalten regeln sollen – in diesem Fall die Bezeichnung nach dem EU-Bezeichnungsschutz für Milchprodukte.

Besonders spannend: Nach Auffassung des OLG stellt es für Amazon kein größeres Problem und schon gar keinen unzumutbaren Aufwand dar, diese Falschbezeichnung einfach durch Wortfilter zu erkennen und entsprechende Angebote abzuschalten.

Amazons letzte Chance, um gegen das Urteil anzugehen, ist die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH). Der OLG-Senat hat diese wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen, denn solche weitreichende Prüfpflichten könnten auch andere große Internetkonzerne betreffen.

xp/LTO-Redaktion

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OLG zu Prüfpflichten für Amazon: . In: Legal Tribune Online, 17.01.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53656 (abgerufen am: 14.06.2025 )

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