5 Menschen starben im Jahre 2020 bei der Amokfahrt von Trier. Das LG stufte den Täter als vermindert schuldfähig ein. Nach Ansicht des BGH aber rechtsfehlerhaft. Über die Schuldfähigkeit muss nun neu verhandelt werden.
Die Amokfahrt von Trier wird das Landgerichts (LG) Trier erneut beschäftigen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Urteil des LG wegen rechtsfehlerhafter Begründung der verminderten Schuldfähigkeit aufgehoben (Beschl. v. 13.09.2023, Az. 4 StR 40/23).
Am 01.12.2020 war ein damals 51-jähriger Mann mit seinem Geländewagen durch die Fußgängerzone gerast. Er tötete dabei fünf Personen, mehrere weitere Personen wurden verletzt.
Das LG Trier verurteilte ihn deshalb zu einer lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe unter anderem wegen Mordes (§ 211 Strafgesetzbuch (StGB)) in Tateinheit mit einem vorsätzlichen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr (§§ 315b Abs. 1, 3 in Verbindung mit 315 Abs. 3 lit. a) StGB). Ferner hatte das LG Trier unter anderem noch die Unterbringung des Mannes in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) angeordnet.
Dabei ging die Stafkammer sachverständig beraten davon aus, dass der Mann im Sinne von § 21 StGB zur Tatzeit vermindert schuldfähig war. Konkret geht es hierbei um eine paranoide Schizophrenie. Auch war kurz nach der Tat eine Blutalkoholkonzentration von 1,12 Promille festgestellt worden.
In dreierlei Hinsicht Rechtsfehler bei Schuldprüfung
Die dagegen gerichtete Sachrüge des Mannes war beim 4. Strafsenat nunmehr erfolgreich. Dabei geht es vornehmlich um die Entscheidung zur Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus auf Grundlage der verminderten Schuldfähigkeit.
Insoweit stellt der Senat fest, dass die im Urteil des LG Trier vorgenommene Prüfung der Schuldfähigkeit den Anforderungen der ständigen Rechtsprechung nicht gerecht werde. Notwendig sei dahingehend eine mehrstufige Prüfung. Jedoch ergebe sich aus den Urteilsgründen nicht, dass der Mann bei Begehung der Taten infolge einer paranoiden Schizophrenie erheblich in seiner Schuldfähigkeit beeinträchtigt war.
Das Landgericht habe in dreierlei Hinsicht rechtsfehlerhafte Ausführungen dazu getroffen, in welcher Weise sich das festgestellte Krankheitsbild auf die Handlungsmöglichkeiten des Angeklagten konkret ausgewirkt hat.
Zunächst sei der falsche Zeitpunkt für den psychopathologischen Befund gewählt worden, indem sich die Strafkammer nicht hinreichend auf den Tatzeitpunkt fokussiert habe. Stattdessen sei die Explorations- bzw. Hauptverhandlungssituation bewertet worden, wodurch die erforderlichen Ausführungen zum Tatzeitpunkt sowie zum Vor- und Nachtatverhalten fehlen, so der Senat.
Soweit die Strafkammer offenbar nahezu durchgehend Präsens-Formulierungen zur Prüfung der Schuldfähigkeit nutzte, fehlt aus Sicht des Senats der Bezug zum konkreten Tatgeschehen. Der Senat sieht darin eine "rechtsfehlerhaften generalisierenden Betrachtungsweise" der Strafkammer.
Auch habe die Strafkammer rechtsfehlerhaft nicht geprüft, ob beim Angeklagten eine Wechselwirkung aus dem konsumierten Alkohol und der paranoiden Schizophrenie dazu geführt haben könnten, dass sich die Fähigkeit zum normgerechten Verhalten aufgehoben hat. Insoweit seien die Erörterungen des LG Trier "lückenhaft", so der Senat. Es fehle diesbezüglich an einer umfassenden Gesamtbetrachtung, eine isolierte Betrachtung sei hier rechtsfehlerhaft.
Die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen wurden nicht aufgehoben, das LG Trier wird die Sache nun unter Berücksichtigung der durch den 4. Strafsenat gegebenen Hinweise neu zu verhandeln haben. Dazu gehöre insbesondere die Neubewertung der Schuldfähigkeit, "naheliegend unter Hinzuziehung eines anderen Sachverständigen".
jb/LTO-Redaktion
BGH hebt Urteil zur Amokfahrt in Trier auf: . In: Legal Tribune Online, 04.12.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53324 (abgerufen am: 05.10.2024 )
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