BGH verwirft Revision: Arzt muss wegen Ster­be­hilfe drei Jahre in Haft

28.04.2025

Ein Mediziner wurde nach dem assistierten Suizid eines psychisch kranken Patienten wegen Totschlags in Mittäterschaft verurteilt. Seine Revision gegen die Entscheidung des LG Essen ist nun beim Bundesgerichtshof erfolglos geblieben.
 

Ein 82-jähriger Arzt muss für drei Jahre in Haft, nachdem er einem psychisch kranken Patienten beim Suizid assistierte. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Revision des Mediziners gegen seine Verurteilung wegen Totschlags durch das Landgericht (LG) Essen verworfen (Beschl. v. 29.01.2025, Az. 4 StR 265/24).

Im Februar 2024 war der damals 81 Jahre alte Arzt aus Datteln im Kreis Recklinghausen in Essen wegen Totschlags in mittelbarer Täterschaft gemäß §§ 212 Abs. 1, 213, 25 Abs. 1 Var. 2 Strafgesetzbuch (StGB) zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Der Angeklagte hatte Freispruch gefordert. 

Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie hatte einem psychisch kranken Mann aus Dorsten im August 2020 eine tödliche Infusion gelegt. Das Ventil hatte der 42-Jährige anschließend selbst geöffnet. Laut Essener Urteil war der Patient aufgrund einer schweren psychischen Erkrankung aber nicht in der Lage, die Tragweite seines Handelns zu erfassen und frei verantwortlich zu entscheiden. 

Der BGH stellte nach Überprüfung der Entscheidung fest, dass es keine Rechtsfehler gebe und bestätigte die Verurteilung.

LG Essen: Angeklagter handelte aus Mitleid

Der Patient hatte viele Jahre an paranoider Schizophrenie gelitten, kämpfte laut Essener Gericht auch gegen Wahnvorstellungen und Depressionen. Der Arzt soll das auch erkannt, die Sterbehilfe aber trotzdem durchgeführt haben. "Sein primäres Ziel war es, einer schwer kranken und leidenden Person den Wunsch zu sterben zu erfüllen – aus Mitleid", hieß es damals bei der Urteilsbegründung.

In Deutschland ist assistierter Suizid straflos, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Zum einen muss der Suizidentschluss freiverantwortlich getroffen worden sein und zum zweiten muss der Suizident die Tatherrschaft über den Geschehensablauf haben, also die zum Tod führende Handlung selbst ausführen. An ersterer Voraussetzung hat es in dem vorliegenden Fall gefehlt.

Auch die passive Sterbehilfe, also der Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen, ist in Deutschland erlaubt. Und auch Medikamente zur Schmerzlinderung, die einen früheren Tod herbeiführen können, dürfen verabreicht werden. Solche Palliativmaßnahmen unterfallen der indirekten Sterbehilfe. Die aktive Sterbehilfe, insbesondere das Verabreichen eines tödlich wirkenden Mittels, ist in Deutschland aber stets verboten. 

Patientenschutz fordert gesetzliche Klarstellung

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, erklärt zu der Entscheidung: "Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs bestätigt, dass das Strafrecht bereits Schutzkonzepte für Menschen beim assistierten Suizid bereithält." Es brauche aber eine gesetzliche Klarstellung.

"Es gilt, das Handeln des einzelnen Sterbehelfers strafrechtlich in den Blick zu nehmen", erläuterte Brysch. "Sein Tun erfordert höchste Sachkunde." Er habe zweifelsfrei sicherzustellen, dass der Suizid selbstbestimmt gewünscht wird und die Entscheidung ohne Einfluss sowie Druck seitens Dritter zustande kommt.

Dazu fehlten jedoch ausreichende Instrumente. "Um die Autonomie der Sterbewilligen zu wahren, muss die gewerbsmäßige Förderung der Selbsttötung grundsätzlich unter Strafe gestellt werden", forderte Brysch. "Denn wo Geld fließt, geht die Selbstbestimmung verloren."

dpa/lmb/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BGH verwirft Revision: . In: Legal Tribune Online, 28.04.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/57081 (abgerufen am: 22.05.2025 )

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