Wer suggeriert, dass Impfgegner ähnliches Unrecht erlitten haben, wie Juden in der NS-Zeit, verharmlost den Holocaust – das ist strafbar, entschied nun auch der BGH.
Ein Facebook-Post, welcher den Eingang eines Konzentrationslagers mit der Aufschrift "Impfen macht frei" zeigt, erfüllt den Tatbestand der Volksverhetzung gemäß § 130 Abs. 3 Strafgesetzbuch (StGB). Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, die Verurteilung ist damit rechtskräftig (Beschl. v. 04.02.2025, Az. 3 StR 468/24).
Der 65 Jahre alte Angeklagte hatte im April 2020, also während der ersten Infektionswelle der Corona-Pandemie, einen entsprechenden Post veröffentlicht. Sein Facebook-Profil war dabei öffentlich bzw. von jedem Nutzer einsehbar. Die karikaturhaft anmutende Abbildung, welche augenscheinlich an das Eingangstor des KZ Auschwitz mit der Aufschrift "Arbeit macht frei" angelehnt war, trug den Untertitel "Die Pointe des Coronawitzes". Das Tor flankierten zwei schwarz gekleidete, soldatisch anmutende Wächter, die jeweils eine überdimensionierte, mit einer grünen Flüssigkeit gefüllte Spritze in den Armen hielten. Weiterhin waren im Inneren des Lagers jeweils blumengeschmückt eine überzeichnet dargestellte chinesische Person sowie ein Portrait von Bill Gates zu erkennen.
Aus Sicht des Landgerichts Köln erfüllt dies § 130 Abs. 3 StGB in der Tathandlungsvariante des Verharmlosens des NS-Völkermordes. Es verurteilte den Mann daher zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen in Höhe von je 50 Euro.
LG: Post gefährdet Vertrauen in die allgemeine Rechtssicherheit
Dagegen wandte sich der Mann vor dem BGH mit seiner auf die Sachrüge gestützte Revision. Der 3. Strafsenat bestätigte gleichwohl die Verurteilung.
Die Wertung des LG Köln, "die untertitelte Abbildung verschleiere und bagatellisiere das historisch einzigartige Unrecht der in Konzentrationslagern vollzogenen Vernichtung von Millionen europäischen Juden und anderen vom nationalsozialistischen Regime verfolgten Gruppen in seinem wahren Gewicht", war nach Überzeugung des Senats nicht zu beanstanden. Der qualitativen Abwertung des NS-Völkermordes "im Sinne einer Relativierung von dessen Unwertgehalt" stehe nicht entgegen, dass mit dem Post (auch) eine überzogen dramatisierte Darstellung der Auswirkungen von Coronaschutzmaßnahmen bezweckt war.
Auch die seitens des Landgerichts getroffene Feststellung, der Post sei geeignet gewesen, den öffentlichen Frieden bzw. das Vertrauen in die allgemeine Rechtssicherheit zu gefährden, beruhe auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung, so der BGH. Zudem sei der Post geeignet, Betrachter "aggressiv zu emotionalisieren", indem insinuiert werde, den Betroffenen staatlicher Coronaschutzmaßnahmen werde gleiches Unrecht zugefügt wie den Opfern des Holocausts. Der Meinungsfreiheit habe das Landgericht dabei insgesamt "beanstandungsfrei Rechnung getragen", so der BGH.
In einem ähnlich gelagerten Fall entschied das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) bereits 2023 ebenso.
jb/LTO-Redaktion
BGH bestätigt LG Köln: . In: Legal Tribune Online, 29.04.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/57084 (abgerufen am: 22.05.2025 )
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