Revision vor dem BGH: Ist die Haftstrafe gegen Lina E., die als Teil einer Gruppe Anhängern der rechten Szene aufgelauert und diese angegriffen hat, zu gering ausgefallen? Nein, die Vorinstanz habe keine Rechtsfehler gemacht, so Karlsruhe.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die mehrjährige Haftstrafe gegen die Linksextremistin Lina E. wegen Angriffen auf Rechtsextreme bestätigt. Der 3. Strafsenat änderte den Schuldspruch im Detail, ohne dass das aber Auswirkungen auf die Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten hat (Urt. v. 19.03.2025, Az. 3 StR 173/24).
Im Mai 2023 hatte das Oberlandesgericht (OLG) Dresden E. unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (§§ 223, 224, 129 Strafgesetzbuch, StGB) schuldig gesprochen. Es verhängte eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten. Gemeinsam mit weiteren Mitangeklagten war E. demnach von 2018 bis 2020 an mehreren teils lebensgefährlichen Angriffen auf tatsächliche und vermeintliche Anhänger der rechten Szene in Sachsen und Thüringen beteiligt gewesen.
Auf die Entscheidung des OLG folgten bundesweit heftige Proteste in der linken Szene. Zu dem Urteil trug auch die seinerzeit überraschende Aussage des "Kronzeugen" Johannes D. bei. Sowohl der Generalbundesanwalt (GBA) als auch die Verteidigung der heute 30-Jährigen legten Revision ein.
Im Februar verhandelte der BGH daher mündlich in der Sache, LTO berichtete hier im Detail. Beide Seiten beantragten, unterschiedliche Teile des Urteils aufzuheben und zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen.
Vor dem Gerichtsgebäude hatten sich am Tag der Verhandlung einige Dutzend Sympathisanten von E. zu einer Kundgebung versammelt, es galten verschärfte Anmelde- und Zugangsregelungen für Pressevertreter und Zuschauer.
E. muss noch Reststrafe verbüßen
Der GBA hatte vor dem BGH insbesondere beanstandet, dass E. vom Vorwurf der Mitwirkung an einer bestimmten Tat der Gruppierung freigesprochen und vor allem nicht als Rädelsführerin der linksextremistischen Vereinigung eingestuft worden war. Hierzu stellte der BGH nun fest, das OLG habe "zwar tragfähig begründet, dass die Angeklagte eine herausgehobene Stellung in der Gruppierung hatte". Gleichwohl sei die Feststellung, dass E. keinen "prägenden Einfluss auf die Ausrichtung, Struktur und Tätigkeiten Vereinigung als solche hatte" rechtsfehlerfrei erfolgt.
Der GBA hatte diese Argumentation im Laufe des Revisionsverfahrens selbst zurückgezogen mit dem Argument, dass zu wenig über die Binnenstruktur der Gruppe bekannt sei.
Der 3. Strafsenat nahm lediglich eine geringfügige Änderung des Schuldspruchs vor, weil sich zwischenzeitlich die Rechtsprechung zu den Konkurrenzen bei Taten der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung geändert hatte. Auf das Strafmaß hatte das aber keinen Einfluss. In der Urteilsverkündung betonte der Vorsitzende Richter des 3. Strafsenats: "Das Mittel der politischen Auseinandersetzung ist das Wort, nicht die Gewalt".
E., die zwischenzeitlich an Rheuma erkrankte, ist derzeit auf freiem Fuß. Der Haftbefehl gegen sie wurde mit dem Dresdner Urteil 2023 unter Auflagen außer Vollzug gesetzt – nach zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft kam sie also trotz der verhängten Freiheitsstrafe zunächst frei. Da das Urteil nun rechtskräftig ist, muss sie noch die Reststrafe verbüßen. Wie lang genau die sein wird, muss nach Angaben ihres Anwalts noch ausgerechnet werden.
jb/LTO-Redaktion
mit Materialien der dpa
BGH zu Linksextremistin: . In: Legal Tribune Online, 19.03.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56823 (abgerufen am: 26.04.2025 )
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