Gerichte eröffnen Hauptverfahren ab Mai: Justiz erwartet lange Straf­pro­zesse gegen "Gruppe Reuß"

02.04.2024

Sie wollten die staatliche Ordnung gewaltsam beseitigen, so sieht es der GBA. Mit 26 Angeklagten wartet ein Mammut-Verfahren auf die Justiz. In Frankfurt/Main, Stuttgart und München beginnen bald die Prozesse gegen Teile der "Gruppe Reuß".

Die Oberlandesgerichte (OLG) StuttgartFrankfurt am Main und München haben jeweils die Anklagen gegen Mitglieder der "Gruppe Reuß" zugelassen und das Hauptverfahren gegen insgesamt 26 Angeklagte eröffnet (Beschl. v. 06.03.2024, Az. 3 St 2 BJs 445/23, Beschl. v. 22.03.2024, Az. 8 St 2/23 und Beschl. v. 19.03.2024, Az. 9 St 7/23).

Zentraler Gegenstand der Anklage des Generalbundesanwalts (GBA) sind Pläne der aus der Reichsbürger-Szene stammenden Gruppe zum gewaltsamen Umsturz gegen die staatliche Ordnung in Deutschland. Im Wesentlichen wird ihnen insoweit die Gründung bzw. Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (§ 129a Strafgesetzbuch, StGB) vorgeworfen.

Hintergrund ist eine großangelegte Anti-Terror-Razzia im Dezember 2022 in mehreren deutschen Bundesländern und im Ausland. Auch das Jagdschloss von Heinrich XIII. Prinz Reuß in Bad Lobenstein wurde durchsucht, er selbst wurde in Frankfurt festgenommen. Er wird verdächtigt, der Kopf der Gruppe gewesen zu sein. Aus Sicht des Thüringer Innenministeriums war er auch Teil eines Thüringer "Reichsbürger"-Netzwerks.

Nach Überzeugung des GBA plante die Vereinigung, mit einer bewaffneten Gruppe in das Reichstagsgebäude in Berlin einzudringen, um dort Abgeordnete des Bundestags festzunehmen und so den Systemumsturz herbeizuführen. Dabei habe ein "Zugriff auf ein massives Waffenarsenal" mit rund 380 Schusswaffen, 350 Hieb- und Stichwaffen, fast 500 weiteren Waffen und 148.000 Munitionsteilen bestanden.

Verfahren könnten bis Anfang 2025 dauern

In Frankfurt am Main müssen sich vor allem die mutmaßlichen Rädelsführer der Gruppe verantworten, insbesondere Heinrich XIII. Prinz Reuß ist hier angeklagt. Auch die ehemalige Richterin und Ex-AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann muss sich vor dem Frankfurter Staatsschutzsenat verantworten. Ebenfalls unter den Angeklagten ist der ehemalige Oberst und Kommandeur des Fallschirmjägerbattalions 251, Rüdiger von Pescatore, der an der Spitze des "militärischen Arms" der Gruppe stehen sollte. Für das Verfahren sind ab dem 23. Mai bis Januar 2025 insgesamt 48 Hauptverhandlungstermine geplant.

Weitere mutmaßliche Mitglieder des militärischen Arms der Gruppe sind in Stuttgart angeklagt. Der für das Staatsschutzverfahren zuständige 3. Strafsenat verhandelt ab dem 6. Mai bis Anfang Januar 2025 an 48 geplanten Hauptverhandlungsterminen. Einem der Angeklagten in Stuttgart, Markus L., wird zudem versuchter Mord wegen Schüssen auf Polizeibeamte bei einer Wohnungsdurchsuchung vorgeworfen.

Acht weitere mutmaßliche Mitglieder der Gruppierung sind in München angeklagt. Zu den Angeklagten gehört auch der eigentlich in Hannover ansässige Rechtsanwalt Tim Paul G. Konkret wird ihm neben der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (§ 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB) auch die Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens (§ 83 Abs. 1 StGB) vorgeworfen. Der Staatsschutzsenat des OLG München plant 54 Hauptverhandlungstermine zwischen dem 18. Juni und Ende Januar 2025.

jb/LTO-Redaktion mit Materialien der dpa

Zitiervorschlag

Gerichte eröffnen Hauptverfahren ab Mai: . In: Legal Tribune Online, 02.04.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54234 (abgerufen am: 06.10.2024 )

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