Im Rennen um die Entwicklung eines Corona-Impfstoffes hat Curevac gegen Biontech verloren. Es forderte danach unter Berufung auf seine Patente einen Anteil an den Gewinnen des Konkurrenten – und musste nun erneut eine Niederlage einstecken.
Das Bundespatentgericht (BPatG) hat ein grundlegendes Corona-Impfstoffpatent des Tübinger Pharmaunternehmens Curevac für nichtig erklärt. Damit gab das Gericht am Dienstag einer Klage des Mainzer Konkurrenten Biontech gegen Curevac statt (Urt. v. 19.12.2023, Az. 3 Ni 23/22 (EP)). Die Aktie des Tübinger Unternehmens verlor anschließend um gut ein Drittel an Wert.
Curevac kündigte an, beim Bundesgerichtshof Berufung einzulegen. Das Unternehmen hatte das strittige Patent 2007 beantragt und 2010 vom Europäischen Patentamt für 20 Staaten erteilt bekommen. Dabei geht es um ein Verfahren, dass die Nachteile von Impfstoffen mit dem Botenmolekül mRNA überwindet und so die Wirksamkeit erhöht. Das BPatG erklärte das Patent jetzt in Deutschland für nichtig. Andere nationale Patentgerichte folgen den Entscheidungen des Münchner Gerichts nicht selten.
Hintergrund ist ein Milliardenstreit vor dem LG Düsseldorf
Das Münchner Verfahren ist nur ein Teil der Auseinandersetzungen zwischen den beiden Unternehmen - allerdings ein ganz entscheidender. Curevac hatte zuvor Biontech und dessen US-Partner Pfizer im Juli 2022 vor dem Landgericht (LG) Düsseldorf wegen angeblicher Verletzung mehrerer seiner Patente auf Schadensersatz verklagt. Curevac fordert in dem noch laufenden Verfahren "eine faire Entschädigung" für die Verletzung seiner geistigen Eigentumsrechte, die Biontech und Pfizer bei der erfolgreichen Herstellung ihres Corona-Impfstoffs verwendet haben sollen.
Bei dem Streit geht es um viel Geld: Biontech machte 2021 einen Gewinn von 10,3 Milliarden Euro, 2022 waren es unter dem Strich 9,4 Milliarden Euro.
LG Düsseldorf hat extra auf diese BPatG-Entscheidung gewartet
Biontech klagte im Gegenzug vor dem BPatG in München, das nun entschied, und verlangte dort, ein grundlegendes Curevac-Patent für nichtig zu erklären. Das Argument: Das Curevac-Patent beruhe schon gar nicht auf einer Erfindung und sei damit patentrechtlich überhaupt nicht schützbar. Das LG Düsseldorf hat das dort anhängige Verfahren daraufhin bis 28. Dezember vertagt, um die nun erfolgte Entscheidung des BPatG abzuwarten.
Curevac scheiterte daran, selbst rechtzeitig einen Corona-Impfstoff auf den Markt zu bringen. Das Unternehmen nimmt jedoch für sich in Anspruch, Grundlagentechnologien entwickelt zu haben, die maßgeblich zur Entwicklung wirksamer Covid-19-Impfstoffe beigetragen hätten: Es habe "als Pionier das Potenzial der mRNA zur Behandlung von Krankheiten und zur Herstellung von Impfstoffen entdeckt", argumentiert es vor den Gerichten.
Biontech sieht sich bestätigt: "Unsere Forschungsarbeit ist originär"
Biontech begrüßte die Entscheidung des BPatG. Sie mache deutlich, "dass unsere Forschungsarbeit originär ist". Biontech hat 2020 den weltweit ersten zugelassenen COVID-19-Impfstoff, Comirnaty, entwickelt. Das ermöglichte die Impfung von mehr als einer Milliarde Menschen weltweit.
Nach Ausbruch der Corona-Pandemie 2020 hatte sich auch der deutsche Staat an Curevac beteiligt. Das Unternehmen mit gut 1.000 Mitarbeitern konnte allerdings keinen Corona-Impfstoff herstellen. Es hat noch kein kommerzielles marktzugelassenes Produkt und schreibt rote Zahlen.
Im Streit mit Biontech und Pfizer in Deutschland geht es laut Curevac um acht Patente. In den USA, wo ein ganz großer Teil des Corona-Impfstoffs produziert wurde, gehe es um zehn Patente.
Inzwischen ist der Markt für Covid-19-Impfstoff eingebrochen. Auch Biontech hat mit dem schrumpfenden Absatz zu kämpfen. US-Partner Pfizer musste Milliarden auf seine Lagerbestände abschreiben und war im vergangenen Quartal in die roten Zahlen gerutscht. Moderna hatte für das dritte Quartal einen Milliardenverlust gemeldet.
dpa/jb/LTO-Redaktion
Biontech siegt vorm Bundespatentgericht: . In: Legal Tribune Online, 19.12.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53459 (abgerufen am: 10.12.2024 )
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