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OVG Bautzen zum Asylrecht: Sachsen muss abge­scho­bene Familie zurück­holen

13.08.2021

Ein Junge unter anderen Asylsuchenden (Symbolbild)

Lydia Geissler - stock.adobe.com

Der Fall hatte medial für Aufsehen gesorgt: Eine Familie aus Sachsen wurde nach Georgien abgeschoben, obwohl sie hier schon Wurzeln geschlagen hatte. Jetzt muss Sachsen die Familie zurückholen, so das OVG Bautzen.

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Das Sächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) Bautzen hat den Freistaat Sachsen dazu verpflichtet, eine nach Georgien abgeschobene Familie zurück nach Deutschland zu holen (Beschl. v. 13.08.2021, Az. 3 B 277/21). 

Die Familie lebte seit 2013 in Deutschland. Fünf der sieben Kinder wurden dabei erst in Deutschland geboren. Ihre Asylanträge wurden zuletzt im Oktober 2020 rechtskräftig abgelehnt. Ebenfalls erfolgos blieben Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Anfang Juni 2020 wurde die neunköpfige Familie nachts aus ihrer Wohnung geholt und anschließend abgeschoben. Auch ein Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes hatte an diesem Tag keinen Erfolg.

Das OVG Bautzen hat jetzt entschieden, dass zwei der Kinder einen Anspruch auf Erteilung einer verfahrensbezogenen Duldung gehabt hätten. Der Senat begründet dies damit, dass ein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Hauptsacheverfahren nicht offensichtlich zu verneinen sei, da sie seit vier Jahren erfolgreich das Gymnasium bzw. die Grundschule besuchten. Es handle sich bei ihnen damit um Jugendliche und Heranwachsende, bei denen angenommen werden könne, dass sie gut integriert seien, so das OVG. Für diesen Personenkreis sieht § 25a Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vor.

Auch für die Eltern und die Geschwisterkinder habe aufgrund des Bestehens einer familiären Lebensgemeinschaft im Zeitpunkt der Abschiebung ebenfalls gemäß § 60a Abs. 2 S. 1 AufenthG ein Anspruch auf Erteilung einer Duldung zugestanden.

Beschluss mit Signalwirkung?

"Wir sind erleichtert, dass das OVG doch noch für die Familie entschieden hat, weil der Fall schon ausweglos schien", sagte Dave Schmidtke vom sächsischen Flüchtlingsrat. Die Situation sei für die Familie in Georgien in den vergangenen Wochen sehr schwer gewesen, weil sie sich in der fremden Welt nicht zurechtgefunden habe. "Die elfjährige Tochter hat in Videobotschaften und Mitteilungen immer wieder ihre Sehnsucht betont, endlich wieder in Deutschland auf die Schule gehen zu dürfen."

Der OVG-Beschluss entfalte eine große Signalwirkung, sagte Juliane Nagel, asylpolitische Sprecherin der Linksfraktion im sächsischen Landtag. "Endlich ist klargestellt, dass Bleiberecht vor Abschiebung steht. Das sind gute Nachrichten für eine weitreichende Bleibeoffensive in Sachsen, wie wir sie einfordern."

"Die Familie muss jetzt unverzüglich nach Sachsen zurückgeholt werden. Das Innenministerium und die zuständigen Behörden in Pirna sind jetzt in der Pflicht, ihre Fehler zu korrigieren", sagte der integrationspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Albrecht Pallas. Das Innenministerium und die zuständigen Behörden müssten ein Sofortprogramm zum Schutz von gut integrierten Familien auflegen und umsetzen sowie die Härtefallverfahren humaner werden, so Pallas weiter.

jb/LTO-Redaktion

Mit Materialien der dpa

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OVG Bautzen zum Asylrecht: . In: Legal Tribune Online, 13.08.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45734 (abgerufen am: 16.06.2025 )

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