LG Flensburg verneint Amtshaftung: Mann tritt in Schla­g­loch und reißt sich ein Außen­band

23.10.2025

Dunkel, Regen, der Magen knurrt: Ein warmer Döner hätte den hungrigen Arbeiter wieder nach vorn gebracht. Stattdessen verletzt er sich beim Aussteigen aus dem Auto schmerzhaft, weil er in ein Schlagloch tritt. Das Amt haftet dafür nicht.

Tritt ein Autofahrer beim Aussteigen in ein Schlagloch, greift keine Amtshaftung gemäß §§ 839 Abs. 1, 249, 253 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. Art. 34 Grundgesetz (GG) sowie § 10 Abs. 1, 4 Straßen- und Wegegesetz des Landes Schleswig-Holstein (StrWG) ein, wenn der schlechte Zustand der Straße offensichtlich ist. Das hat das Landgericht (LG) Flensburg entschieden (Endurt. v. 08.08.2025, Az. 2 O 147/24).

Der in diesem Fall klagende Mann hatte sich nur schnell einen Döner besorgen wollen. Dazu stellte er seinen Kleintransporter auf den vordersten Platz des Parkstreifens nahe des Schnellimbissrestaurants ab. An jenem Abend war es dunkel und regnerisch. Dann das Malheur: Der Mann trat laut seinem Vortrag bei Gericht beim Aussteigen in ein mit Wasser gefülltes Loch und verletzte sich schmerzhaft. Die Diagnose: Außenbandruptur.

Juristisch ging es danach um die Frage, ob die zuständige Straßenbaubehörde insoweit eine Einstandspflicht trifft. Denn aus Sicht des klagenden Mannes war das Loch eine Folge der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten. Der Parkstreifen habe sich in einem verkehrswidrigen und gefahrträchtigen Zustand befunden und das Loch sei für ihn nicht erkennbar gewesen, so der Mann. Mindestens 3.000 Euro Schmerzensgeld wollte er deshalb von der öffentlichen Hand erhalten.

Das beklagte Amt hielt jedoch dagegen: Das Loch sei schon aufgrund einer zehn Meter entfernten Straßenbeleuchtung gut sichtbar gewesen. Außerdem würden die Straßen und Gehwege regelmäßig auf Schäden kontrolliert, was ausreiche, um den Verkehrssicherungspflichten gerecht zu werden.

Verkehrsteilnehmer müssen aufmerksam und anpassungsfähig sein

Die 2. Zivilkammer des LG Flensburg wies die Klage nun ab. Zwar ließ die Kammer mit ihren Formulierungen im Urteil offensichtlich etwas Verständnis für die Situation des verletzten Mannes durchblicken, doch dessen Prozessführung entwickelte sich zu einem juristischen Eigentor. Denn: "Dass das entsprechende Loch gar nicht zu erkennen war, ist durch die von dem Kläger selbst vorgelegten Fotos widerlegt", stellt die Kammer trocken fest. Auf den Fotos des Mannes von jenem regnerischen Abend seien sogar so viele Unebenheiten und Löcher zu erkennen, dass aus Sicht der Kammer sogar eine gewisse Sorgfalt beim Aussteigen vonnöten gewesen sei. Das Loch jedenfalls sei klar zu erkennen gewesen – unabhängig davon, dass dieses mit Wasser gefüllt war und die Tiefe insoweit nicht ohne Weiteres erkennbar war.

Weiter fuhr die Kammer fort: Beim Aussteigen aus einem Kleintransporter – wie in diesem Fall sogar mit Trittstufe – sei von einem aufmerksamen Verkehrsteilnehmer bei Dunkelheit und Regen "zwar nicht zu erwarten, dass vor dem Aussteigen mit einem Stock Untersuchungen angestellt werden müssen'", so die Kammer. "Wohl aber ist zu erwarten, dass sich der Verkehrsteilnehmer vor einer vollen Belastung des Fußes nach einem Heruntertreten von einer Stufe zunächst versichert, hinreichend stabilen und griffigen Unterboden unter den Füßen zu haben", heißt es dazu im Urteil weiter. Insoweit könne, so wörtlich, auch "ein kurzes 'Vortasten' gefordert werden".

Auch stellte die Kammer klar, dass Ansprüche eines Einzelnen noch nicht allein dadurch begründet werden, dass der Straßenbaulastträger seiner Unterhaltungsverantwortung nicht hinreichend nachkommt. Die notwendige Verkehrssicherungspflichtverletzung, um einen Amtshaftungsanspruch anzunehmen, beginne erst dort, "wo auch für den aufmerksamen Verkehrsteilnehmer eine Gefahrenlage überraschend eintritt und nicht rechtzeitig erkennbar ist", so die Kammer. Von jedem Verkehrsteilnehmer sei eine gewisse Aufmerksamkeit und Anpassungsfähigkeit zu erwarten, die der klagende Mann in seinem Fall habe vermissen lassen.

jb/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

LG Flensburg verneint Amtshaftung: . In: Legal Tribune Online, 23.10.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/58440 (abgerufen am: 07.11.2025 )

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