Die Stadt Duisburg durfte kein Tätigkeitsverbot wegen fehlender Corona-Schutzimpfungen gegen die Mitarbeiterin in der Verwaltung einer Klinik verhängen. Das hat das VG Düsseldorf in einem Eilverfahren entschieden.
Das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf hat in einem Eilverfahren entschieden, dass das wegen fehlender Impfung ausgesprochene Tätigkeitsverbot gegen eine Mitarbeiterin nach vorläufiger Prüfung rechtswidrig war. Deshalb wurde die aufschiebende Wirkung ihrer Klage angeordnet (Beschl. v. 29.09.2022, Az. 24 L 1818/22).
Die Stadt Duisburg hatte gegen eine Frau per Ordnungsverfügung angeordnet, dass sie aufgrund fehlender Corona-Schutzimpfungen nicht mehr als medizinisch-technische Assistentin in der Verwaltung für eine Klinik arbeiten darf. Das Tätigkeitsverbot stützte die Stadt dabei auf § 20a Abs. 5 S. 3 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Die Frau hatte als Schreibkraft bei einer Betriebsärztin gearbeitet und keinen Patientenkontakt.
Zu strenges Tätigkeitsverbot und Ermessensüberschreitung
Aus Sicht der Einzelrichterin bestehen an § 20a Abs. 5 S. 3 IfSG keine verfassungsrechtlichen Bedenken, schon das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte Ende April 2022 entsprechend entschieden. Auch das aktuelle Pandemiegeschehen ändere daran nichts, so die Richterin, die sich insoweit beispielsweise auf die neueste Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Impfpflicht von Soldaten bezieht.
Gleichwohl lässt sich aus dem Beschluss, der LTO vorliegt, entnehmen, dass sich sich das Tätigkeitsverbot aus Sicht der Richterin aus zweierlei Gründen nicht auf § 20a Abs. 5 S. 3 IfSG stützen lässt:
Aus dem Wortlaut ergebe sich, dass ein Tätigkeitsverbot dem Schutzzweck der Infektionsbekämpfung entsprechend auf Räumlichkeiten des Betriebes beschränkt sei. Unbenommen sei also die Möglichkeit der Arbeit im Homeoffice, welche von einem Tätigkeitsverbot aber in unzulässiger Weise miterfasst werde. Folglich ist die Stadt Duisburg mit ihrer Entscheidung über die überhaupt möglichen Rechtsfolgen hinausgegangen.
Anwalt: "Nicht rechtmäßige Anwendung der Norm"
Ferner liege eine Ermessensüberschreitung vor, so die Richterin. Insoweit spielen insbesondere die Grundrechte der Frau aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 und Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) eine Rolle. Letztlich war hier aber maßgeblich, dass die Stadt später (in zulässiger Weise) ihre wesentlichen Ermessenserwägungen ausgetauscht hat. Daraus ergab sich dann, dass die Frau aus Sicht der Stadt gar nicht mehr unter den Tatbestand von § 20a Abs. 1 Nr. 1a IfSG falle, also nicht mehr im Krankenhaus tätig ist. Folglich kann auch kein Tätigkeitsverbot bzw. überhaupt keine Rechtsfolge angeordnet werden, welche sich auf die Tätigkeit in einem Krankenhaus bezieht.
Stattdessen stellte die Stadt später auf § 20a Abs. 1 Nr. 1h IfSG ab, also die Tätigkeit in Arzt- bzw. Zahnarztpraxen. Doch auch insoweit kam die Richterin zu einer Ermessensüberschreitung seitens der Stadt, da in solchen Fällen auch kein generelles Verbot für alle Tätigkeiten und Tätigkeitsorte möglich sei. Selbst wenn der Arbeitsort als Praxis anzuerkennen sei, dann wäre ein Verbot nur auf diesen beschränkt, nicht aber auf die ganze Einrichtung oder etwa das Home-Office.
"Wir sind über diesen wohl ersten Beschluss zu Gunsten der Arbeitnehmer sehr erfreut", sagte Rechtsanwalt Sinan Böcek, der die Frau vertritt, zu LTO. "Wir sind zuversichtlich, dass es nicht der letzte Beschluss sein wird, in welchem die aufschiebende Wirkung angeordnet wird", so Böcek. "Auch wenn der § 20a IfSG verfassungsgemäß ist, ist nicht jede Anwendung rechtmäßig. Dies zeigt auch dieser Beschluss."
Gegen die Entscheidung kann noch Beschwerde eingelegt werden, über die dann das OVG Münster entscheiden müsste.
jb/LTO-Redaktion
Anm. d. Red. Text in der Version vom 04.10.2022, 16:46 Uhr, Ergänzt wurde die Begründung hinsichtlich § 20a Abs. 1 Nr. 1h IfSG
VG Düsseldorf zur Impfpflicht in Krankenhausverwaltung: . In: Legal Tribune Online, 04.10.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49793 (abgerufen am: 08.10.2024 )
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