Wegen ihres Tinder-Profils hatte die Bundeswehroffizierin Anastasia Biefang einen Verweis bekommen. Dagegen zog sie durch alle Instanzen, bis vor das BVerfG – ohne Erfolg. Es hat ihre Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
Im Streit um die Gestaltung ihres privaten Tinder-Profils ist die Bundeswehroffizierin Anastasia Biefang am Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gescheitert. Es hat ihre Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, wie das Gericht in Karlsruhe mitteilte (Beschl. v. 20.03.2024, Az. 2 BvR 110/23). Sie hatte sich gegen einen disziplinarischen Verweis wehren wollen, der ihr aufgrund des Inhalts ihres Profils auf der Dating-Plattform verhängt worden war.
Die damalige Kommandeurin Anastasia Biefang hatte 2019 in ihrem Profil geschrieben: "Spontan, lustvoll, trans*, offene Beziehung und auf der Suche nach Sex. All genders welcome." Das ging der Bundeswehr zu weit. Ihr Disziplinarvorgesetzter erteilte ihr einen Verweis. Biefang war damals Kommandeurin des Informationstechnikbataillons 381 in Storkow.
Die Soldatin zog daraufhin vor die Fachgerichte – allerdings ohne Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte zuletzt im Mai 2022 den Verweis. Zwar werde durch ihr Verhalten nicht gleich das Ansehen der gesamten Bundeswehr beschädigt. Biefang sei jedoch ihrer Pflicht zur Wahrung des eigenen Ansehens nicht nachgekommen, entschied der 2. Wehrdienstsenat. Sie dürfe ihre Worte nicht so wählen, dass ihr Ansehen als Soldatin beschädigt werde. Dr. Patrick Heinemann hat das Urteil damals für LTO eingeordnet.
Ausführungen zum Rechtsschutzbedürfnis zu spät
Unter anderem gegen diese Entscheidung wandte sich Biefang nach Karlsruhe mit einer Verfassungsbeschwerde. Dabei wurde sie von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und dem Verein QueerBw unterstützt. Ziel war demnach, mit einem Grundsatzurteil "die sexuelle Selbstbestimmung als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts" nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) zu stärken. Dabei argumentierte sie, dass das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung auch die Möglichkeit, sexuelle Kontakte zu suchen, umfasse und hierbei ehrlich und nach eigener Vorstellung das eigene Begehren zu thematisieren. Auch seien die von ihr gewählten Formulierungen für ihre Grundrechtsausübung notwendig, da sie durch andere Formulierungen nicht die Menschen ansprechen könne, denen sie begegnen wolle. Die Disziplinarmaßnahme greife übermäßig in dieses Recht ein und komme einem Verbot der aktiven Nutzung von Dating-Portalen nahe, was für sie als pansexuelle trans Frau besonders schwer wiege. Im LTO-Podcast "Allein unter Juristen" erzählte Biefang, wie widersprüchlich die Truppe mit Diversity umgehe.
Das BVerfG wies die Beschwerde nun jedoch als unzulässig zurück. Denn der Verweis sei bereits vor Einreichung der Verfassungsbeschwerde entsprechend der Wehrdisziplinarordnung getilgt worden. Das hatte Biefang selbst mitgeteilt, war aber der Auffassung, dass die Verfassungsbeschwerde aufgrund einer Wiederholungsgefahr und ihres Interesses an Rehabilitation weiter zulässig bleibe.
Diese Angaben kamen allerdings verspätet, so das BVerfG. Denn der Verweis war schon vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde nach der Wehrdisziplinarordnung tilgungsreif. Eine solche Disziplinarmaßnahme ist demnach nach drei Jahren zu tilgen. "Die Tilgungsreife führt zu einem umfassenden Verwertungsverbot und legt die Erledigung des mit der Verfassungsbeschwerde verfolgten Begehrens nahe", heißt es in der Mitteilung aus Karlsruhe. Denn unter anderem dürfen tilgungsreife Disziplinarmaßnahmen nicht mehr berücksichtigt werden und sind aus dem Disziplinarbuch und aus den Personalakten zu entfernen. Wieso dennoch ein Rechtsschutzbedürfnis bestehe, hätte Biefang damit bereits innerhalb der einmonatigen Frist zur Erhebung und Begründung der Verfassungsbeschwerde darlegen müssen. Biefang habe aber erst nach Fristablauf begründet, wieso das Rechtsschutzbedürfnis trotz der Tilgung fortbestehe.
lmb/LTO-Redaktion
mit Material der dpa
BVerfG entscheidet nicht über Tinder-Profil: . In: Legal Tribune Online, 16.04.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/57020 (abgerufen am: 22.05.2025 )
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