Erst freigesprochen und dann zu Schadensersatz verurteilt? Warum und wie das möglich ist, zeigt nun ein Urteil des OLG Oldenburg gegen einen Landwirt wegen Versicherungsmissbrauch.
Wegen Versicherungsmissbrauchs muss ein Landwirt trotz eines vorausgegangen Freispruch im Strafverfahren seiner Versicherung knapp 600.000 Euro Schadensersatz zahlen. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg entschieden (Urt. v. 20.03.2025, Az. 1 U 229/20).
Seit Mitte der 1990er-Jahre war es wiederholt zu Bränden am Hof des Landwirts gekommen. Zunächst gingen die Ermittlungsbehörden von technischen Defekten als Brandursache aus. Bei späteren Bränden war die Staatsanwaltschaft indes überzeugt: hier liegen strafbare Betrugs- und Brandstiftungsdelkte vor. Vor einer Strafkammer des Landgerichts (LG) Oldenburg endete das Strafverfahren jedoch mit Freisprüchen, da aus Sicht der Kammer nicht mit der für eine strafrechtliche Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststand, dass die Angeklagten die ihnen zur Last gelegten Taten wirklich begangen hatten.
Seitens der Versicherung war dies jedoch noch längst kein Schlussstrich. Für einen der in Rede stehenden Brände in einem Kälbermaststall hatte das Unternehmen rund 600.000 Euro an den Landwirt ausgezahlt – diese Summe forderte es nunmehr vor den Zivilgerichten zurück. Das ermöglicht der Grundsatz der freien Beweiswürdigung gemäß § 286 Zivilprozessordnung (ZPO), wonach das Zivilgericht grundsätzlich nicht an vorausgegangene strafgerichtliche Urteile gebunden ist.
Zivilgericht überzeugt: Täterschaftliche Begehung der betrügerischen Brandstiftung
Jedoch kam auch die zuständige Zivilkammer das LG Oldenburg abermals zum Ergebnis, dass nicht mit hinreichender Sicherheit feststehe, dass die Beklagten für den Brand verantwortlich seien. Erst vor dem OLG Oldenburg obsiegte die Versicherung.
Nach umfassender Beweiswürdigung kam der 1. Zivilsenat zu dem Ergebnis: der Landwirt ist der Versicherung aus § 823 Abs. 2 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. §§ 265 Abs. 1, 25 Strafgesetzbuch (StGB) sowie § 826 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Denn er habe sich eines Versicherungsmissbrauchs nach § 265 Abs. 1 StGB schuldig gemacht, entweder als mittelbarer Täter (§ 25 Abs. 1 Var. 2 StGB) oder als Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB). Konkret habe der Landwirt den Brand in dem Kälbermaststall herbeigeführt, indem er gemäß einem eigenen Tatplan einen Dritten mit der Brandlegung beauftragte und die Tat auch selbst mit vorbereitete.
Der Mann muss aufgrund der bereits rechtskräftigen OLG-Entscheidung nunmehr 600.000 Euro zuzüglich der aufgelaufenen Zinsen an die Versicherung zahlen – dem strafgerichtlichen Freispruch zum Trotz.
jb/LTO-Redaktion
OVG Oldenburg verurteilt Landwirt wegen Versicherungsbetrug: . In: Legal Tribune Online, 17.06.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/57435 (abgerufen am: 09.11.2025 )
Infos zum Zitiervorschlag