Nach der Veröffentlichung seines Albums "Sonny Black" 2014 hat sich Bushidos Leben stark verändert. Einen Streit um die Indizierung verlor er nun auch in Karlsruhe. Das BVerfG konnte sich so aber mit dem Genre "Gangsta-Rap" befassen.
Bushido ist mit einer Verfassungsbeschwerde gegen die Indizierung seines Albums "Sonny Black" (2014) beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gescheitert. Die 2. Kammer des Ersten Senats nahm die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an (Beschl. v. 20.10.2022, Az. 1 BvR 201/20).
"Sonny Black" ist gleichzeitig ein Alias von Bushido und der Name seines zehnten Soloalbums aus dem Genre "Gangsta-Rap", wie das BVerfG mitteilt. Wenige Monate nach der Veröffentlichung leitete die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien ein Indizierungsverfahren ein und beschloss, das Album nach § 18 Abs. 1 Jugendschutzgesetz (JuSchG) in "Teil A" der Liste der jugendgefährdenden Medien einzutragen. Daraus folgt das Verbot, das Album gegenüber Kindern und Jugendlichen zugänglich zu machen, zu bewerben und zu verbreiten.
Gegen die Indizierung wehrte sich Bushido erfolglos durch die Instanzen hinweg bis zum Bundesverwaltungsgericht (BVerwG). Nunmehr hatte er Verfassungsbeschwerde eingelegt und die Verletzung seiner Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1 Grundgesetz (GG)) gerügt. Begründet wurde dies damit, dass §§ 15, 18 JuSchG einerseits verfassungswidrig seien und ferner auch verfassungswidrig angewandt wurden.
Genretypische Betrachtung im Lichte des "Gangsta-Raps"
Nach der Entscheidung der 2. Kammer des Ersten Senats hat die Verfassungsbeschwerde von Bushido keinerlei Aussicht auf Erfolg. Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Normen aus dem JuSchG bestünden nicht. Insbesondere sei das vorgebrachte Argument nicht überzeugend, dass sich aufgrund eines "veränderten Musiknutzungsverhaltens" (Streaming) das Indizierungsverfahren de lege lata nicht mehr für effektiven Jugendschutz eigne. Ferner sei auch die Indizierung des gesamten Albums anstelle nur einzelner Titel verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Auch die letztinstanzliche Entscheidung des BVerwG sei nicht zu beanstanden, der zuständige Leipziger Senat habe sich wie auch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien hinreichend mit der Kunstfreiheit von Bushido befasst.
Dabei arbeitet die Kammer den Prüfungsmaßstab für die Abwägung zwischen möglichem Indizierungsinteresse und Kunstfreiheit heraus: Das Kunstwerk müsse genretypisch im Lichte des "Gangsta-Rap" betrachtet werden. Typische Eingeschaften dieses Genres sind nach Auffassung des BVerfG "musikalisch unterlegte und geführte Auseinandersetzung in harter Sprache als selbstermächtigende Reaktion auf Marginalisierung, die unter anderem auf antikonventionelle Stilmittel wie Übertreibung, Gewaltphantasien, Abwertung anderer Personen und Gruppen, Provokation und sogenanntes "Posing" als betonte Selbstermächtigung setzt".
Dem seien sowohl die Bundesprüfstelle als auch das BVerwG gerecht geworden. Die Erwägungen, welche letztlich zur Indizierung führten sind "nachvollziehbar und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden", so das BVerfG. Bushido habe sich "von den dem Wortlaut nach unbestritten frauenverachtenden, homophoben und gewaltverherrlichenden Textpassagen nicht etwa durch Verfremdung oder satirische Überspitzung oder gar ausdrücklich distanziert". Es sei auch nicht ohne Weiteres erkennbar, dass die Texte keinen Realitätsbezug aufweisen und lediglich genretypische Wortspiele seien. Vielmehr ergebe sich wohl eher noch eine Identifkation mit dem Alias "Sonny Black", indem Bushido auf autobiographische Details wiederholt Bezug nimmt.
Gefahr, dass Kinder und Jugendliche Taten von "Sonny Black" nachahmen
Bushido hatte auf Grundlage eines Privatgutachtens noch vorgebracht, dass die fachkundigen Rezipienten die Texte als Fiktion richtig einzuordnen wüssten. Das überzeugte die Kammer jedoch nicht. Vielmehr spreche gegen eine solche Deutung einerseits die klar gewaltverherrlichenden Aussagen, so die Kammer.
Andererseits führt das BVerfG noch aus, dass die werkgerechte Interpretation auch die "realen Auswirkungen" des Kunstwerks berücksichtigen müsse. Insoweit lägen Erkenntnisse vor, dass Kinder und Jugendliche die Texte ernst nehmen, Taten von "Sonny Black" nachahmen würden und diesem insgesamt als Vorbild nacheifern könnten, so das BVerfG. Die Einbeziehung dieser Gesichtspunkte sei "verfassungsrechtlich jedenfalls nicht fehlsam", meint die Kammer abschließend.
Ein beispielhafter Auszug aus dem Titel "Mitten in der Nacht":
Diese Pisser schieben einen Hass auf mich als wär ich Hitler
Ich hab vier Kinder, Ehefrau und ficke eure Mütter
Außerdem aus dem Titel "Crackdealer Sound", worauf das BVerfG explizit Bezug genommen hat:
Ja ich schieße auf Politiker, Minister, zielsicher
Bin der Attentäter (..)
jb/LTO-Redaktion
BVerfG zur Indizierung von "Sonny Black": . In: Legal Tribune Online, 02.12.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50354 (abgerufen am: 07.12.2024 )
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